Günstige Hilfe für Stadtflüchtlinge

■ Rettungsaktion: Fachwerkbörse vermittelt altersschwache Fachwerkhäuser

Northeim Die Fenster sind eingeschlagen, in den Dächern klaffen Löcher. Als Zeugnisse des Strukturwandels in der deutschen Landwirtschaft stehen in vielen Dörfern verlassene und heruntergekommene Fachwerkhäuser. Im südniedersächsischen Northeim ist jetzt eine Initiative gegründet worden, die für leerstehende Fachwerkwohnhäuser, –ställe und –scheunen neue Nutzer sucht.

„Wir müssen das dörfliche Ortsbild erhalten und unsere regionaltypische Bausubstanz als Kulturgut erhalten“, begründet die Leiterin der „Fachwerkbörse“, Lore Exner, ihre Initiative. „Wir stoppen die Landflucht und festigen die Sozialstruktur in den Dörfern.“ Fachlich wird das Projekt durch die Landwirtschaftskammer Hannover, das Göttinger Amt für Agrarstruktur sowie zahlreiche Denkmalpfleger in Niedersachsen und Thüringen betreut.

Ohne finanzielle Interessen hilft die Börse „Stadtflüchtigen“, leerstehende Gebäude im Dorf zu finden. „Wir bewerten die Häuser nach ihren Nutzungsmöglichkeiten und suchen mögliche Käufer, Mieter oder Pächter“, beschreibt Exner ihre Arbeit. Überall in Deutschland werde über Wohnungsnot und fehlende Gewerberäume geklagt, gleichzeitig gäben immer mehr Landwirte ihre Höfe auf.

Tausende von Häusern seien dem Verfall ausgeliefert, wenn keine neuen Nutzer gefunden werden, warnt Exner. In fast allen historischen Ortslagen gebe es einen großen, bisher noch gar nicht erfaßten Gebäudebestand, der häufig mit wenig Aufwand und Kosten zu Wohnungen aller Größen oder zu kleinen Betrieben umgebaut werden könne. Die Althaussanierung habe den Vorteil, daß keine zusätzlichen Straßen, Kanalisationen oder Kläranlagen gebaut werden müßten. Für denkmalgeschützte Bauten gebe es in einigen Bundesländern Fördermöglichkeiten.Rund 20 landwirtschaftliche Gebäude in Niedersachsen und Nordthüringen sind bereits in der Kartei der Northeimer Fachwerkbörse erfaßt. Einige seien bereits vermittelt. Exner: „Ich fahre herum, und wenn ich leerstehende Gebäude sehe, frage ich die Ortsbürgermeister nach dem Eigentümer. Wir machen Fotos und beschreiben die Objekte und ihren Bauzustand.“

Danach wird mit Denkmalschutzbehörden und Bauämtern geklärt, ob die Grundstücke zu teilen und Zufahrtswege vorhanden sind oder ob es besondere Auflagen gibt. „Erst wenn wir sicher sind, daß aus einem alten Haus ein neues Heim werden kann und kein Stall voller quiekender Schweine daeneben steht, informieren wir unsere Interessenten. Den Preis handeln sie selbst aus.“

Werner H.T.Fuhrmann, dpa