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Öko goes Super

■ Im neuen Öko-Supermarkt von Osnabrück gibt es sogar für die Parkplätze eine ökologische Begründung

Osnabrück Die Klischees bröckeln: Wer Naturkost oder Naturkosmetik, Obst und Gemüse aus kontrolliert biologischem Anbau oder einfach nur Vollkornbackwaren will, muß nicht zum Jutesack greifen, sich auf das alte Hollandrad schwingen und im nächsten, deutlich grün angehauchten Naturkostladen darauf hoffen, daß das Gewünschte gerade da ist. In Osnabrück hat vor kurzem der erste Super Bio-Markt in Niedersachsen eröffnete. Auf 300 Quadratmetern Verkaufsfläche finden KundInnen fast alles, was das Herz begehrt.

Der Markt unterscheidet sich äußerlich nur wenig von anderen Supermärkten. 25 Parkplätze direkt vorm Haus, an der buttergelb gestrichenen Fassade weisen große Tafeln auf die Sonderangebote hin: Buttermilch, der Liter für 2 Mark 29, Stiel- und Nackenkoteletts vom Öko-Schlachter für 14 Mark 80 das Kilo, Pinkus Hefeweizen aus dem benachbarten Münsterland für 24 Mark 15 – „ohne Pfand“. Neu sind Roggenmisch- oder Roggenbrot zu „Dauerniedrigpreisen“.

Drinnen setzt sich das vertraute Bild fort: Neben den Kassen warten schlichte Einkaufswagen auf Kundschaft. Natürlich darf auch die Pinwand „Von Kunden für Kunden“ nicht fehlen. Das, was die KundInnen feil bieten, unterschiedet sich allerdings etwas von der Konkurrenz.

Statt diverser Golfs wird ein ge- brauchtes E-Mobil angeboten, je- mand sucht eine WG in Münster, eventuell im Tausch gegen eine Zwei-Zimmer-Wohnung in Osna- brück, Plakate werben für Urlaub in der Toskana oder Südfrankreich, Tanz für Schwangere, Babymassage und Yoga. In den langen Regalen stapeln sich die Waren. Rund 3.500 Artikel umfaßt das Sortiment, über- wiegend Lebensmittel, aber auch andere Waren des täglichen Bedarfs vom Shampoo über Waschmittel bis hin zu Ölen und Toilettenpapier. Ein Fleischer und eine Bäckerei haben ihre Verkaufstresen im Supermarkt, natürlich fehlt auch eine Tiefkühltruhe nicht. Kurz vor der Kasse schnappt dann auch in Öko-Supermarkt gnadenlos die Süßigkeitenfalle zu: Schokolade und Müsli-Riegel wollen mitgenommen werden, die Verpackung ist allerdings nicht ganz so grell und bunt wie bei der Konkurrenz.

„Wir orientieren uns am Kunden und wollen ihm eine Einkaufsform bieten, die er schon kennt“, erläutert Geschäftsführer Michael Radau das Konzept des Bio-Supermarktes, „und es ist uns gelungen, etwas zu schaffen, was den Kundenwünschen entspricht.“

Der größte Unterschied zu einem normalen Supermarkt seien die angebotenen Produkte, garantiert aus kontrolliert ökologischem Anbau. Daß die Einkaufsfahrt mit dem Auto nicht unbedingt als ökologisch angesehen wird, ist für Radau kein Argument: Einen Markt anzufahren sei letztlich immer noch sinnvoller, als von Laden zu Laden und von Direktanbieter zu Direktanbieter zu fahren und sich abschließend eine Kiste Wasser im Getränkemarkt zu holen. Nicht nur bei den angebotenen Waren, sondern auch beim Personal setzt der Münsteraner auf Qualität: Fünf Festangestellte und vier „ständige studentische Aushilfen“ garantieren einen dezenten, aber kompetenten Service. Die Stimmung im Geschäft ist gelöst und freundlich. Das liegt auch daran, daß die derzeit täglich rund 250 Kunden noch streßfrei zu bewältigen sind.

Das Preisniveau ist relativ günstig: Einmal durch die großen Einkaufsmengen – Radau bereitet auch in Münster einen ähnlichen Supermarkt vor – zum anderen durch die Ausgliederung von Fleischerei und Bäckerei. Ohnehin geht für Radau der Trend in Zukunft weiter in Richtung Supermarkt, auch und gerade im Naturkostbereich. Immer mehr Kunden greifen dabei auch zu Halbfertig- und Fertigprodukten. Bis es an der Kasse allerdings für einen Groschen Plastiktüten geben wird, dürfte noch einige Zeit vergehen. Zwar gebe es schon Tüten aus „100 Prozent Alt-Plastik“, sagt Radau, aber auch die würden die typischen KundInnen wohl zu sehr irritieren. Frank Wiebrock

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