Zur Love Parade ausnahmsweise offen

Es bröckelt in der Techno-Szene: Immer mehr Clubs haben Probleme mit ihrem Vermieter. Ausnahmsweise darf der ausgetrickste und seit Monaten geschlossene Bunker zur Love Parade noch einmal öffnen  ■ Von Kirsten Niemann

Kulturhauptstadt Berlin? Das ist vielleicht bald nur noch Geschichte. Denn auch die gut gelaunteste Love Parade kann im Grunde nicht darüber hinweg täuschen, daß es immer mehr Techno- Clubs und auch anderen wichtigen Veranstaltungsorten an den Kragen geht.

Das E-Werk und der Tresor zahlen derzeit Wuchermieten, die Hafenbar muß einem Supermarkt weichen und der Bunker, der seit der 92er Love Parade als einer der maßgeblichsten Adressen für die Berliner Techno-Kultur gilt, wird zum Spekulationsobjekt.

„Einsturzgefahr“ – so lautet das Gutachten, daß bereits Anfang Januar dem „härtesten europäischen Techno-Club“ den Saft abdrehte. Ungeachtet der Tatsache, daß der Bunker-Betreiber Werner Vollert längst ein Renovierungskonzept vorbereitet hatte, mußte er seinen laden schließen.

Die Oberfinanzdirektion, die für die Verwaltung des Bunker zuständig ist, will bis heute keine Baugenehmigung erteilen. „Ohne Schankerlaubnis“, heißt es da, könne „keine Umbaugenehmigung erteilt werden.“ Dumm nur, daß das Gewerbeamt diese Schankerlaubnis verweigert, solange die erforderlichen Umbauten nicht erfolgt sind.

Ein Kreislauf, der sich wohl kaum innerhalb der nächsten anderthalb Jahre lösen läßt. Denn so lange läuft noch der Mietvertrag für den Bunker.

Im Zuge der Love Parade gab sich das Gewerbeamt noch einmal gnädig und bewilligte eine Öffnung des Bunker, jedoch nur für drei Tage. Die Betreiber des Techno-Schuppens fassen noch einmal Mut und setzen auf Hoffnung. Peter Erles vom Bunker steckt bis über beide Ohren in den Vorbereitungen für die Love Parade.

Er läßt auch für die Zukunft den Kopf nicht hängen: „Unser Konzept steht nach wie vor. Es wird sich zeigen, ob sich vielleicht nach der Love Parade doch noch etwas zu unseren Gunsten entscheidet.“

In einer ähnlichen Pattsituation befinden sich die Arena und das Yaam, die sich vor über zwei Jahren auf dem ehemaligen Ost- BVG-Gelände in Treptow eingemietet haben.

Die Arena-Betreiber müssen sich derzeit mit den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG), dem vorherigen Besitzer der Halle und des Geländes, herumärgern. Angeblich ziehen die Verkehrsbeamten wieder in Betracht, im Hof ihre Omnibusse zu parken.

Derzeit verklagt die BVG also die Stadt Berlin auf Rückgabe des Geländes, das vor zwei Jahren laut Zuordnungsbescheid von der Treuhand dem Bezirk Treptow übereignet wurde, dem jetzigen rechtmäßigen Eigentümer.

Auch an der Arena-Halle wurden bauliche Mängel festgestellt. Nun haben die Arena-Leute auch schon ein Umbaukonzept ausgearbeitet, das jedoch erst umgesetzt werden kann, wenn ein langfristiger Mietvertrag ausgestellt wird. Dieser kann vom Bezirk Treptow jedoch erst unterzeichnet werden, wenn das Verfahren zwischen der Stadt Berlin und der BVG eingestellt wird.

„Das ist reine Schikane! Die BVG hat dabei im Grunde genommen überhaupt keine Chance, die wollen doch nur mit der Immobilie spekulieren“, so sieht Falk Walter von der Arena die Situation. „Die haben doch überall an den anderen Stationen noch Kapazitäten frei und brauchen unsere Halle doch gar nicht! Sie müßten außerdem ein Heidengeld investieren, wenn sie die Halle wieder als Depot benutzen wollten.“

Hinzu kommt, daß die größte freitragende Halle Deutschlands mittlerweie unter Denkmalschutz steht.

Eine unleidliche Phase der Unsicherheit gilt es nun durchzustehen. Doch für Walter steht dabei mehr auf dem Spiel. „Ökologisch autark!“ so lautet das Ziel der Arena-Crew. Walter ist sichtlich stolz auf seine Pläne.

Man will ein Blockheizkraftwerk einrichten, daß auf Rapsölbasis funktioniert, mit einer riesigen Anlage das Regenwasser auffangen und Fotozellen auf dem Dach installieren. Selbst für die Finanzierung dieses umfangreichen Unternehmens war gesorgt, durch ein spezielles Umweltförderprogramm.

Nur: Dieses Förderprogramm läuft Ende 1998 aus. Bis dahin muß jede einzelne müde Mark für das Projekt ausgegeben worden sein. Wenn es um den Zeitpunkt geht, wann die Rechtsstreitigkeiten mit der BVG beseitigt sein werden, klingt Walter eher pessimistisch: „Wenn wir Pech haben, und das sieht im Moment ganz so aus, kann sich das Verfahren noch bis zu drei Jahren hinziehen.“

Bei allen Schwierigkeiten, die die Arena seit ihrer Eröffnung vor gut einem Jahr hat, hat sich immerhin eine Sache zum Guten gewendet: Die ständigen Querelen mit ihrem unmittelbaren Nachbarn, dem U-Club auf dem Yaam, sind endgültig begraben. Sonst hätte nämlich keiner vom Bezirksamt Treptow einen Mietvertrag erhalten.

Walter: „Ich bin so froh darüber, schließlich gibt es doch so viel zu tun, als sich mit seinen Nachbarn um Lappalien herumzuärgern.“ Die Betreiber des Yaam sehen das genauso.

„Unser Wille arbeitet daran“, beteuert Jenny, die das Love-Parade-Infotelefon bedient. Der U-Club hat einen eigenen Mietvertrag erhalten und arbeitet unabhängig von der Arena.

Müßte das Gelände jemals wieder der BVG übereignet werden, wären sie genauso betroffen wie die Nachbarn. Doch daran glauben sie nicht – sie haben andere Probleme: „Unsere größte Sorge besteht derzeit im Wetter, das in diesen Sommer so herrscht. Wir sind jedenfalls dabei, eine Halle zu suchen!“