Camper krankenhausreif geschlagen

■ Fünfzig Jugendliche überfielen auf einem Campingplatz eine Jugendgruppe und verletzten sechs Menschen. Polizei spricht von rechtem Erscheinungsbild, sieht aber keinen rechten Hintergrund der Tat

Plau (AFP/dpa/taz) – Vermutlich rechtsradikale Jugendliche haben in der Nacht zum Samstag auf einem Zeltplatz in Mecklenburg- Vorpommern CamperInnen angegriffen und dabei sechs Menschen verletzt. Zur gleichen Zeit wurden ebenfalls in Mecklenburg-Vorpommern auf zwei anderen Campingplätzen Urlauber von Jugendlichen attackiert. In diesen Fällen wurden sieben Personen verletzt. Die Motive dieser beiden Angriffe waren gestern noch unklar.

Der erste Überfall ereignete sich in Leisten bei Plau am See. Etwa 50 Jugendliche im Alter zwischen 18 und 23 Jahren gingen mit Baseballschlägern, Stahlrohren und Eisenringen gegen eine katholische Jugendgruppe aus Kleve in Nordrhein-Westfalen vor. Nach Angaben der Polizei mußten sechs Jugendliche mit Kopfverletzungen und Knochenbrüchen ins Krankenhaus gebracht werden. In ersten Äußerungen ordnete die Polizei die TäterInnen „nach ihrem äußeren Erscheinungsbild“ der rechten Szene zu. Bei einigen von ihnen sei rechtsradikales Propagandamaterial gefunden worden. Sie dementierte jedoch einen rechtsradikalen Hintergrund der Tat.

Auch das mecklenburg-vorpommersche Innenministerium bestritt einen solchen Zusammenhang. Gegenüber der taz erklärte Ronald Witt vom Lagezentrum des Innenministeriums, die Ermittlungen hätten ergeben, daß der Anschlag „definitiv und endgültig keinen rechtsradikalen Hintergrund“ habe, „sondern eine rein persönliche Racheaktion“ sei. Die 50 Jugendlichen hätten einen Geburtstag gefeiert. Vorher sei es zu Auseinandersetzungen mit einem Jugendlichen auf dem Campingplatz gekommen. Deswegen hätten sie den Racheüberfall gestartet. Gegen die sieben Täter würden voraussichtlich Strafanzeigen wegen Verdachts auf Landfriedensbruch erstattet, die Staatsanwaltschaft prüfe noch, ob Haftbefehl erlassen werde, so Witt.

Der Jugendleiter der Gruppe aus Kleve kritisierte, die Polizei wolle die „Sache herunterspielen“. Seiner Darstellung nach hatten die RandaliererInnen außerhalb des Campingplatzes in einem Waldstück wild gezeltet. Drei der jungen Leute seien „ziemlich besoffen“ in die Nähe der Zelte der Jugendgruppe gekommen und hätten sie belästigt. Er habe sie dann des Platzes verwiesen, woraufhin später etwa 50 Jugendliche die Gruppe aus Kleve angegriffen hätten. Bei dem Überfall hätten die Angreifer „Sieg Heil!“ und andere nazistische Parolen gegrölt.

Die Polizei teilte mit, sie sei gegen 0.30 Uhr alarmiert worden und im Laufe der Nacht mit mehr als 70 Beamten angerückt. Die Randalierer seien zunächst geflüchtet, die Polizei habe mit Spürhunden 47 Jugendliche, darunter 10 Frauen, im nahe gelegenen Wald aufgestöbert und sie vorläufig festgenommen. 23 wurden schnell wieder freigelassen, 7 als dringend Tatverdächtige festgehalten und 18 bis zum Sonntag nachmittag zu Ermittlungen in Polizeigewahrsam behalten.

Auf dem Campingplatz Rostock-Markgrafenheide wurde ein Camper am Strand von zwei Tätern angegriffen, die ihn mit Stiefeltritten gegen den Kopf traktierten. In Binz griffen zehn Jugendliche am Strand sechs Menschen an. Alle Täter konnten flüchten. Die Überfallenen mußten im Krankenhaus ambulant behandelt werden. ka