Mit Bibel und Fahne

■ In den USA bleibt die Homo-Ehe verboten

Fangen wir mit der guten Nachricht an. Martina Navratilova hat eine neue Freundin. Hunter Reno heißt sie. Den Namen liest man öfter in der Presse, denn Hunters Tante ist US-Justizministerin. Das sagt noch nichts über die Zukunft des Paares aus, dem wir an dieser Stelle natürlich das Beste wünschen. Bewiesen ist zum Schrecken vieler nur eines: Homosexualität kommt in den besten Familien vor. Auch Newt Gingrich muß sich inzwischen mit seiner lesbischen Schwester Candace auseinandersetzen, die ihm und seiner homophoben Partei derzeit in die Fersen tritt, wann immer sie kann.

Womit wir bei den schlechten Nachrichten wären. Amerikas Volksvertreter wehren sich mit Händen und Füßen, mit Bibel und Fahne gegen den „Untergang der Zivilisation“ in Form der Anerkennung homosexueller Ehen. Bill Clinton suhlt sich im Wahlkampf, anders als noch vor vier Jahren, im vermeintlichen „mainstream“. Einerseits ist er „gegen jede Form von Diskriminierung", andererseits will er John und Bob, Mary und Susan den Trauschein verweigern.

Doch lassen wir Clintons wahltaktische Manöver beiseite und blicken auf die zwei wesentliche Punkte dieser Debatte. Der Gesellschaft per Gesetz vorzuschreiben, wer wen heiraten darf, ist verfassungsrechtlich ebensowenig haltbar wie seinerzeit das Verbot der Ehe zwischen Schwarzen und Weißen. Man kann nur hoffen, daß der Oberste Gerichtshof der USA auch in diesem Fall mehr auf die Verfassung als auf die Bibel schaut. Zudem hat sich in der US- Öffentlichkeit in den letzten Jahren jedoch ein erstaunlicher Bewußtseinswandel vollzogen: 58 Prozent sind gegen den staatlichen Segen für die homosexuelle Ehe. Doch über 80 Prozent sprechen sich inzwischen für die Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben – ergo den Schutz vor Diskriminierung – auf dem Arbeitsmarkt aus. Sowohl jenen 58 Prozent in den USA als auch diversen Bischöfen und Politikern in Deutschland wird ja wohl noch beizubringen sein: Das Verbot der homosexuellen Ehe ist eine eklatante Form der Diskriminierung, deren Beseitigung den Zivilisationen dies- und jenseits des Atlantiks gut anstünde. Und bei aller persönlichen Skepsis gegenüber der Institution Ehe: Das Aufgebot für Martina und Hunter würde ich auch gern lesen. Andrea Böhm