Mostar ist ein heißes Pflaster

Der spanische EU-Administrator wirft das Handtuch. Außenminister ernennen bisherigen Verwaltungschef zum Sonderbeauftragten  ■ Aus Split Erich Rathfelder

Auch für die Mitglieder der Administration der Europäischen Union in Mostar kam die Nachricht aus Brüssel überraschend. Dort erklärte der spanische Administrator für Mostar, Ricardo Perez Casado, er stünde nach dem 23. Juli nicht mehr zur Verfügung. Auch wenn an diesem Tag das Mandat der Europäischen Union in der herzegowinischen Hauptstadt abläuft, so kommt diese Ankündigung doch einem Rücktritt gleich. Die EU-Außenminister beriefen daraufhin gestern in Brüssel den Briten Martin Garrod zum neuen Sonderbeauftragten der EU für die zwischen Muslimen und Kroaten geteilte Stadt. Garrod soll den Posten in der kommenden Woche antreten. Perez Casado nannte dem Ministerrat keine Gründe für seine Amtsaufgabe.

Es besteht allerdings kein Zweifel daran, daß die Europäische Union ihr Mandat für Mostar noch einmal um zumindest sechs Monate verlängern wird. Zwar will man in Brüssel die finanziellen Zuwendungen von rund zehn Millionen auf drei bis vier Millionen Ecu reduzieren. Damit mußte Casado aber rechnen. Es muß also einen anderen Grund für das Verhalten Casados geben.

Dragan Gasić, Pressesprecher der Administration, nennt die Ankündigung der kroatischen Seite, die Wahlergebnisse der Wahl vom 30. Juni nicht anzuerkennen, als ein Hindernis für die Fortsetzung der Arbeit der EU-Administration. Der Bürgermeister des kroatischen Westteils der Stadt, Milo Brajković, hatte schon vor wenigen Tagen erklärt, die EU sollte die Stadt verlassen. Die Führung der Kroaten ist unzufrieden damit, daß die Administration am Sonntag das Wahlergebnis verkündet hat, obwohl noch nicht alle Unregelmäßigkeiten aufgeklärt sind. So moniert die kroatische Seite, in den Urnen der Bundesstadt Bonn seien 26 Stimmzettel zuviel aufgefunden worden. Sie kritisiert ebenso, daß 8.000 unausgefüllte Stimmzettel in der Schweiz verlorengingen.

Die Administration hat sich über diese Kritik mit dem Argument hinweggesetzt, die Unregelmäßigkeiten spielten für das Gesamtergebnis keine Rolle. Nach dem von der EU verkündeten Ergebnis wird die muslimische „Liste für ein vereintes Mostar“ über 21 der 37 Sitze im Stadtparlament verfügen. Die kroatische Nationalpartei HDZ jedoch nur über 16 Sitze. Die Kroaten erkennen das Wahlergebnis deshalb nicht an.

Damit ist der gesamte Wahlprozeß erst einmal geplatzt. Perez Casado hat die ihm von der EU gestellte Aufgabe, eine neue Stadtverwaltung in Mostar zustande zu bringen, nicht erfüllt. Um zu retten, was zu retten ist, müßte jetzt intensiv verhandelt werden. Der Nachfolger von Perez Casado müßte zudem die muslimische Seite überzeugen, trotz des Wahlerfolges die Kroaten fair an der Macht zu beteiligen. Vielleicht scheute sich der als autokratisch charakterisierte und die Zusammenarbeit innerhalb der Administration vernachlässigende Perez Casado vor dieser Aufgabe. Das vermuten zumindest einige Mitarbeiter. Die Lage in Mostar ist wieder kompliziert geworden. Die Administration der EU gerät in Gefahr, politisch gänzlich zu scheitern. Dies gilt auch dann, wenn man berücksichtigt, daß die EU im Wiederaufbau der Stadt beträchtliche Erfolge vorweisen kann.