Gift für Südafrika

■ Grüne EU-Abgeordnete warnen vor Müllimporten zur Devisenbeschaffung

Brüssel (taz) – Die Regierung von Südafrika will trotz Gesundheitsgefahren für die Bevölkerung weiter gefährliche Abfälle aus den Industrieländern einführen, um damit Devisen zu verdienen. Bei den derzeit laufenden Verhandlungen mit der Europäischen Union über den Beitritt des Landes zur Lomé-Konvention weigert sich die südafrikanische Regierung, den Artikel 39 zu unterschreiben. Der Artikel, der vor allem auf Wunsch der anderen afrikanischen Lomé-Staaten eingeführt wurde, schreibt einen völligen Export- und Importstopp für Giftmüll vor. Die Lomé-Konvention gewährt rund 70 Entwicklungsländern in Afrika sowie im pazifischen und karibischen Raum besonders günstige Bedingungen im Handel mit der EU.

Durch ungeeignete Verbrennungsanlagen wurden bisher mehrere Dutzend südafrikanischer Arbeiter vergiftet. Zwanzig von ihnen sind lebenslang schwer geschädigt, mindestens drei bereits gestorben. Die Industrieabfälle, vorwiegend Quecksilberschlamm, kamen unter anderem aus Großbritannien, Spanien und Italien. Die britische Firma Thor Chemicals hatte 1987 das gefährliche Geschäft ihrer südafrikanischen Tochterfirma Cato Ridge übertragen, nachdem ihre Wiederaufbereitungsanlage in England wegen Umweltverseuchung geschlossen worden war. Cato Ridge behauptete, den Giftmüll in Südafrika zu recyclen.

Erst als 1994 das Ausmaß der Gefahren bekannt wurde, stellte Cato Ridge das Geschäft ein. Mehr als 5.000 Tonnen hochgiftiger Abfälle lagern seither auf dem Firmengelände, die Böden rundherum sind verseucht, und Gewässer, aus denen die Trinkwasserversorgung der Millionenstadt Durban gespeist werden, sind mit 1.000fach überhöhten Quecksilberwerten belastet. Die neue Regierung unter Nelson Mandela hat einen Untersuchungsausschuß eingesetzt, der seine Arbeit aber noch nicht abgeschlossen hat.

Nach Ansicht der Grünen im Europaparlament gibt es in Südafrika keine geeigneten Anlagen zur Verwertung von Giftmüll. Der Cato-Ridge-Skandal beweise, daß das Apartheid-Regime keine Rücksicht auf die Gesundheit der Bevölkerung und die Umwelt genommen hat. Die neue Regierung sei bisher nicht in der Lage gewesen, die nötigen Sicherheitsstandards einzuführen. 1.000 der 1.200 Müllhalden des Landes würden nach wie vor ohne Lizenz betrieben. Die Grünen warnen davor, die Lomé-Konvention ohne den Giftmüllbann zu unterzeichnen. Alois Berger