Nachgefragt
: „Sensationell“

■ Willi Lemke zum Dauerkartenboom

Am Tag nach dem Eurapameisterschafts-Endspiel warteten die Fußballfans in einer Schlange von zeitweise 200 Metern Länge vor der Werder-Geschäftsstelle. Und das nicht etwa, um ein Autogramm von Dieter Eilts zu ergattern, sondern um Dauerkarten für die nächste Saison zu kaufen. Werder erlebt einen nie dagewesenen Dauerkarten-Boom, so enorm, daß Werder-Manager Willi Lemke schon auf die Bremse tritt.

taz: Wieviele Dauerkarten haben Sie bis jetzt verkauft?

Willi Lemke, Werder-Manager: Wir sind knapp über 17.000.

Was war denn der bisherige Höchststand?

15.800, das war in der letzten Saison. Und vorher bei Rehhagel waren es 10.500.

Wie erklären Sie sich das? Nur mit der EM? Die letzte Saison war ja eher durchwachsen.

Das ist nicht ganz einfach. Im Februar, März haben wir mit 20 bis 30 Prozent weniger Dauerkarten kalkuliert. Wir haben eben nicht mehr so erfolgreich Fußball gespielt wie zuvor. Aber der Zuschauer hat das anders gesehen. Der hat gesehen, daß das Tal der Tränen durchschritten ist. Wir haben mit Dixie Dörner einen Neubeginn gemacht, wir haben uns exzellent verstärkt. Und wir haben einen verloren, der vielleicht nicht so geliebt wurde. Die Leute haben den Weggang akzeptiert. Das soll Mario jetzt nicht wehtun, aber die Leute gehen voller Zuversicht in diese Saison. Und wir hatten 'ne Bomben-EM mit einem Superstar, Dieter Eilts. Sehen Sie, wir waren der Club mit den meisten Zuschauern im UIC-Wettbewerb. Das spricht für sich.

Sie haben schon angekündigt, daß irgendwann Schluß ist mit den Dauerkarten.

Wir werden nicht mehr als 20.000 verkaufen, damit uns nicht völlig die Hände gebunden sind. Denn wenn wir nachher 25.000 verkaufen, dann habe ich ja keine Karte mehr, die ich mal Freunden geben kann. Diese 5.000 Karten wollen wir uns nicht auch noch entziehen.

Das Geschäft brummt.

Es ist sensationell.

Könnte man nicht jetzt schon aufgrund dieses Zuspruchs sagen: Gut, kaufen wir noch einen Spieler?

Das kann man nicht. Die Dauerkarten sind 30 Prozent billiger als die Tageskarten. Und wir haben bis jetzt im Tageskartengeschäft erheblich mehr eingeplant als das, was wir einnehmen werden. Am Ende der Saison bedeutet das vielleicht einen minimalen Mehrverdienst. Aber das ist mir egal. Wichtig ist eine Fußball-Euphorie, wie wir sie noch nicht gekannt haben. Das hat es noch nie gegeben, nicht unter de Mos, nicht unter Rehhagel. Fragen: J.G.