■ Vorschlag
: Kontinente überspannend: Farbsegel in der Parochialkirche

Die Parochialkirche sieht noch immer wie ein großer ruinöser Raum aus, hallenartig und verlassen. Kontinente überspannt die derzeitige Bilderschau von vier Künstlerinnen und Künstlern. Ihre annähernd gleich großen Werke haben sie über die Seitenwände verteilt, fünf bemalte Seidensegel hängen vor den Kirchenfenstern hinter dem Altar, ein weiteres, noch größeres hängt baldachinartig im Zentrum des Raumes von der Decke.

Das Gemeinsame von Yara Guasque und Rubens Oestroem aus Brasilien, von Marilyn Green und Dagmar Diekmann aus Berlin liegt im freien Umgang mit der Farbe. Das expressive Element überwiegt, nur Oestroem arbeitet geometrisch. Ocker- und Brauntöne bestimmen seine zweiteiligen, sandig-rauhen Bildkompositionen. Verkohlte Holzbohlen, gegen die Wand gelehnt, akzentuieren die Zwischenräume der Diptychen. Green bringt in tachistischer Tradition Farbstrudel in Kreisbewegungen. Aus sich ergänzenden Einzelbildern zusammengesetzt, bilden deren Abstände ein feines Raster, das den pulsierenden „Welt-Bildern“ unterliegt und ihr Chaos bannt. Geheimnisvoll leuchten die Blaugründe in den Bildern von Dagmar Dieckmann – hinterfangen von einem gesprühten Gitterwerk. Regelmäßig darüber verteilt kleben golden und silbern schimmernde, quadratische Papierblättchen, die dem Ganzen etwas Festliches verleihen. Die Bilder von Guasque werden von blauen, grünen und gelben Farbströmen bestimmt, die sie naturhaft-atmend erscheinen lassen.

Die vier Ausstellenden haben sich auf eigene Initiative hin zusammengetan; zwei von ihnen leben in Berlin, zwei im brasilanischen Florianópolis. Sie haben sich vor ein paar Jahren beim Studium in Berlin kennengelernt und das Austauschprojekt unter das Thema „Terra incognita. Wege und Formen der Farbe“ gestellt. Nach drei erfolgreichen Ausstellungen in Brasilien präsentieren sie die Werke nun hier, unterstützt vom Brasilianischen Kulturinstitut, das eigens ein begleitendes Symposium veranstaltet. Michael Nungesser

Parochialkirche, Klosterstraße 67, bis 31. Juli täglich, 11–19 Uhr