US-Regierung wird's zu warm

■ Auf der Genfer Klimakonferenz erkennen die USA erstmals an, daß der Treibhauseffekt menschengemacht ist. Die EU will eine Vorreiterrolle übernehmen

Berlin (taz) – „Das ist ein großer, großer Schritt vorwärts“, kommentierte gestern Sascha Müller-Kraenner vom Deutschen Naturschutzring das von den USA auf der Genfer Klimakonferenz vorgelegte Papier. Darin erkennt die US-Regierung erstmals an, daß menschliches Handeln für den Treibhauseffekt zumindestens mitverantwortlich ist. Bisher hatte das Land stets zunächst weitere Untersuchungen verlangt.

Außerdem ziehen die USA die Konsequenzen aus ihrem Eingeständnis und fordern bei den UNO-Verhandlungen die Festlegung von konkreten CO2-Reduktionszielen und -zeitpunkten. Dafür wollen sie eine völkerrechtlich verbindliche Form finden. Bis Dezember soll das UN-Klima-Sekretariat ein „Rahmendokument“ vorlegen. Die Europäische Union geht noch einen Schritt weiter: Sie will, daß im Februar bereits ein konkreter Verhandlungsentwurf für ein Protokoll vorliegt, das dann einige Monate später in Japan verabschiedet werden kann.

Malaysia, die Philippinen und die kleinen Inselstaaten (Aosis) sind ungeduldiger und wünschen, daß der konkrete Vorschlag schon bis Jahresende 1996 vorliegt. Die kleinen Inselstaaten, die schon heute den Meeresspiegelanstieg mit Landverlusten bezahlen müssen, fordern, daß die Industrieländer ihren CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2005 um 20 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren. Großbritannien schlägt ein Minus von nur fünf Prozent vor. Und Deutschlands offizieller Vorschlag zielt darauf ab, zehn Prozent als verbindlich festzuschreiben. Auf der Seite der Totalblockierer stehen jetzt nur noch Australien und die Opec-Länder. Sie bezweifeln offiziell noch immer, daß der Klimawandel menschengemacht ist. „Die USA aber haben Angst, sich wieder zu isolieren“, freut sich Müller-Kraenner.

Noch immer fehlt der in Rio verabschiedeten Klimakonvention jedoch eine Geschäftsordnung. Die muß nämlich einstimmig beschlossen werden – und darüber konnten sich die über 150 Staaten schon auf der Berliner Klimakonferenz 1995 nicht verständigen. Doch jetzt, wo die Gruppe der absoluten Neinsager immer kleiner wird, könnten die Befürworter eines Vertrags auch mit Dreiviertelmehrheit die Konvention selbst ändern und beschließen, daß die Geschäftsordnung nicht einstimmig verabschiedet werden muß.

Heute abend werden in Genf die für den Klimaschutz zuständigen Minister erwartet, nachdem Unterhändler ihr Treffen zehn Tage lang vorbereitet haben. Die Regierungsvertreter der EU wollen dabei offensichtlich eine Ministererklärung vorlegen, die den politischen Druck für ein Protokoll erhöhen soll. Die EU will vorangehen, weil eine gemeinsame Erklärung aller in Genf anwesenden Minister erfahrungsgemäß luftig bleiben würde. Die EU-Minister aber möchten bald in einem Protokoll verbindliche CO2-Reduktionsziele festschreiben.

Am Wochenende hatten EU- Vertreter am Rande der Genfer Konferenz mögliche Maßnahmen zum Klimaschutz diskutiert. Ganz oben auf der Liste steht die Besteuerung von Flugbenzin – allerdings nur nach vorherigen Gespräche mit anderen Industrieländern. aje/lieb