Staatsanwälte ermitteln gegen AOL

■ Der Online-Dienst weist den Vorwurf von sich, in seinem Netz Kinderpornographie aus dem Internet zu verbreiten

Die deutsche Polizei gibt keine Ruhe. Am Dienstag hat die Staatsanwaltschaft Hamburg ein Ermittlungsverfahren gegen den Online- Dienst AOL eröffnet. Mal wieder besteht der Verdacht auf Verbreitung von Kinderpornographie aus dem Internet. In freier Rechtsschöpfung teilten die Hamburger bei dieser Gelegenheit dem in Deutschland mit Bertelsmann kooperierenden amerikanischen Unternehmen mit, sie wollten prüfen „inwieweit Anbieter von Online- Diensten überhaupt für die private Kommunikation der Mitglieder untereinander zur Verantwortung gezogen werden können“.

Diese Frage soll unter anderem in neuen Multimediagesetz geklärt werden, von dem zur Zeit noch nicht einmal ein Entwurf vorliegt. So lange möchten die Ermittler an der Elbe aber offenbar nicht warten. Der Form halber wollen sie nicht nur gegen AOL ermitteln, sondern auch gegen „Unbekannt“, offenbar in der kühnen Hoffnung, die meist anonymen Urheber der im Internet verbreiteten einschlägigen Dokumente ausfindig machen zu können.

AOL hat seine Bereitschaft erklärt, mit den Behörden zusammenzuarbeiten, weist aber den Vorwurf zurück, Kinderpornographie in seinem Netz verbreitet zu haben. Der Online-Dienst beruft sich in seiner Erklärung auf das im Grundgesetz, Artikel 10, garantierte Fernmeldegeheimnis. AOL unterscheide sich in dieser Hinsicht nicht von „anderen Internet- Diensten, der Telekom, der normalen Post oder einem Hotel“, das Konferenzräume zur Verfügung stellt. Die „private Kommunikation“ der AOL-Mitglieder dürfe deswegen nicht überwacht werden, AOL stelle nur die technischen Möglichkeiten, nämlich neben dem Zugang zum Internet E-Mail-Adressen und sogenannte Konferenzräume für Online-Diskussionen zur Verfügung.

Trotzdem scheint der Online- Dienst die Privatsphäre seiner zahlenden Kunden nicht in jedem Fall zu schützen. Er hat seine eigene Sittenpolizei eingerichtet. „Es gibt schwarze Schafe, die den Schutz der privaten Kommunikation mißbrauchen“, sagt AOL-Sprecher Ingo Reese in Hamburg. Dagegen seien in Deutschland 30 sogenannte Lotsen im Einsatz. Sie stünden „rund um die Uhr zur Verfügung“. Sie sollen „illegale Handlungen“ überprüfen, die von anderen AOL-Mitgliedern mitgeteilt werden. In solchen Fällen dürfen offenbar private Gesprächsprotokolle oder elektronische Briefe gelesen werden. Reese wörtlich: „Sobald ein Lotse von illegalen Handlungen eines Nutzers erfährt, kündigt er ihm die Mitgliedschaft.“ niklaus@taz.de