Von Buchholz in die weite Welt

18 Millionen Menschen sollen ab 2006 vom Großflughafen auf dem Acker abfliegen. Die Berliner Airail AG plant mit internationalen Partnern  ■ Von Ulrike Fokken

Berlin (taz) – Malte Maurer strahlt Zuversicht aus. Jede Pore atmet Gewinn und Optimierung. „Der nordosteuropäische und nordeuropäische Luftverkehr erfordert dringend einen Großflughafen in Buchholz“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Airail AG mit Sitz in Berlin. Dort wo jetzt noch 230 Menschen in der Provinz von Sachsen-Anhalt leben, sollen nach Maurers Plänen im Jahr 2006 18 Millionen Menschen landen und abfliegen. Zwei Start- und Landebahnen, ein Frachtzentrum für zunächst 190.000 Tonnen im Jahr, einen auf 30 Millionen Passagiere ausgelegten Flughafen-Terminal samt Einkaufszentrum, einen Gewerbepark und ein Industriegebiet will der blonde Strahlemann südwestlich von Stendal auf den Acker bauen. Der Standort sei optimal: Keine Bäume stehen im Weg, für die teure Ausgleichsflächen geschaffen werden müßten. Äcker und Felder sind nicht kontaminiert. Die ICE-Trasse Hannover–Stendal könne abgezweigt und an den Flughafen gelegt werden. Von einem Autobahnzubringer ganz zu schweigen. „Und die umzusiedelnde Bevölkerung ist gering“, sagt Maurer. Für die Osterweiterung der EU ist der Standort „mit Sicherheit interessant“. Seit 1993 antichambrieren Maurer und seine Geschäftspartner bei der Landesregierung von Sachsen-Anhalt. Drei Jahre brauchten sie, bis am 25. Juni die Koalition aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen die Einleitung des Raumordnungsverfahrens genehmigte. Airail hat sich somit dem eigentlichen Raumordnungsverfahren deutlich angenähert. Drei Millionen machte Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD) locker, damit seine Beamten die Unterlagen prüfen. Er konnte letztendlich den prognostizierten 20.000 neuen Arbeitsplätzen in der strukturschwachen Region nicht widerstehen. Vergleiche mit anderen neu errichteten Flughäfen wie 1991 im Hunsrück zeigen jedoch, daß nur ein geringer Teil der Arbeitskräfte aus der Region kommen. Ob im Fracht- oder im Passagierverkehr: Flughäfen brauchen spezialisierte und qualifizierte MitarbeiterInnen. Maurer gibt denn auch zu, daß „Arbeitnehmer aus Berlin und anderen Ballungszentren zuziehen werden“.

Die bündnisgrüne Umweltministerin Heidrun Heidecke von Sachsen-Anhalt und ihre Fraktion knickten dennoch ein. Sie wollten nicht als Arbeitsplatzverhinderer gelten. In einem Rechtsstaat habe jeder Anspruch auf ein ordnungsgemäßes Verfahren, argumentiert die Ministerin. „Das wird ein ganz großer Flop“, sagt ihr Sprecher.

Doch in Sachsen-Anhalt weiß man noch nicht, auf wen man sich mit Airail eingelassen hat. „Wir erfahren eigentlich alles nur aus der Zeitung“, sagt der Verkehrsexperte von Heidrun Heidecke. Große Firmen der Bau- und Ingenieurbranche haben sich in der Airail AG zusammengetan, sagt Vorstandschef Maurer. Überwiegend aus Deutschland kämen sie, und keiner der Baukonzerne wie Hochtief oder Philipp Holzmann sei an der Holding beteiligt.

Dafür hat das große Münchner Planungsbüro Cordes & Partner von Anfang an seine Finger in der Machbarkeitsstudie für den Flughafen „Berlin International“ in Buchholz. Cordes & Partner dürfte Hauptaktionär bei Airail sein. Chef Heinz- Jürgen Cordes konnte seine Beziehungen bereits beim Bau des Franz- Josef-Strauß-Flughafens in München spielen lassen. Auch diesen Flughafen setzte er gegen jahrelange Proteste von Umweltgruppen und AnwohnerInnen ins Erdinger Moos.

Ebenfalls an Airail beteiligt ist die amerikanische „Bechtel Gruppe“. „Aber ohne Kapitalbeteiligung“, sagt Maurer. Die 5 Millionen Mark Stammkapital der Airail AG habe er sich woanders geholt. Die geschätzten 8 Milliarden Mark für den Bau des Flughafens soll die Investmentbank „Goldmann Sachs“ beschaffen. Bechtel baut weltweit Flughäfen, Kernkraftwerke, Staudämme und andere Großprojekte. „Wir bauen alles, was möglich ist“, wirbt Bechtel für sich selbst.