Wer bezahlt wen?

■ Europaparlament legt Zuschüsse durch Lobbyisten teiweise offen

Straßburg (taz) – Nach siebenjährigem Ringen hat das Europaparlament gestern in Straßburg Regelungen beschlossen, die den Einfluß von Lobbyisten geringfügig einschränken, insgesamt aber transparent machen. Jeder Abgeordnete muß künftig in einem öffentlichen Register erklären, welche Nebentätigkeiten er ausübt und von wem er finanziell oder sonstwie unterstützt wird.

Der Beschluß war bisher immer wieder von einigen Parlamentariern verhindert worden, die selbst für Firmen oder Verbände Lobbyarbeit betreiben und dafür bezahlt werden. In der letzten Legislaturperiode saßen zwei dieser Abgeordnetenlobbyisten, zwei Briten, im entscheidenden Gremium, das für die Tagesordnung zuständig ist. Sie leisteten dort ganze Arbeit. Auch die deutschen CDU-Abgeordneten versuchten bis zuletzt, die Lobbybeschlüsse aufzuweichen.

Die gestern beschlossenen Regeln verbieten es zwar nicht, daß die ohnehin gut bezahlten Volksvertreter gleichzeitig von Unternehmen für ihren Einsatz im Parlament bezahlt werden, sie machen es aber immerhin öffentlich. Verboten ist lediglich, Geschenke anzunehmen. Der goldene Füller aus der Hand des IBM-Vertreters ist für den Europaabgeordneten künftig tabu, den Computer kann er nehmen, wenn er ihn als materielle Unterstützung anmeldet. Das Parlamentsbüro wird regelmäßig eine Liste herausbringen, das die Grenze zwischen verbotenen Geschenken und erlaubter Arbeitserleichterung zieht.

Besonders umstritten war der Absatz, nachdem auch die parlamentarischen Mitarbeiter künftig offenlegen müssen, von wem sie ihr Einkommen beziehen. Bei einigen Abgeordneten gab es in letzter Zeit deutliche Hinweise, daß sie neben den Mitarbeitern, die das Europaparlament bezahlt, auch außerparlamentarische Berater beschäftigen. Diese Mitarbeiter, die auch zu vertraulichen Dokumenten Zugang haben, werden meist von Unternehmen oder Industrieverbänden ausgehalten. Wie viele es wirklich sind, wird zu Beginn der nächsten Sitzungswoche im September aus dem Register zu erfahren sein.

Für die anderen Interessenvertreter, die weder gewählt noch Mitarbeiter sind und trotzdem in Massen im Parlamentsgebäude herumschleichen, ist es in Zukunft Vorschrift, ein Lobbyabzeichen zu tragen. Sie müssen sich als Lobbyisten eintragen, damit sie Zutritt zum Parlament und zu den Abgeordnetenbüros haben.

Damit ist noch nicht viel gewonnen. Der seit langem diskutierte Verhaltenskodex für Lobbyisten muß erst noch ausgearbeitet und beschlossen werden. Der niederländische Abgeordnete Alman Metten drängt seit Jahren darauf, daß Interessenvertreter alle sechs Monate erklären müssen, wofür sie im letzten halben Jahr im Europaparlament geworben haben und wieviel Geld sie dafür eingesetzt haben. Alois Berger