... und kein bißchen leise

Junge Alte wollen sich nützlich machen und dabei Spaß haben. Das Seniorenbüro Hamburg leistet Engagementförderung  ■ Von Patricia Faller

Einst war er in der Personalabteilung einer Fluggesellschaft tätig. Jetzt macht sich der rüstige Ruheständler in der Verwaltung einer Behindertenwerkstätte nützlich. Eine ehemalige Lehrerin gibt Aussiedlerkindern Nachhilfeunterricht, ein anderer „junger Alter“ bastelt in der gemeinnützigen Fahrrad-Werkstatt Altona Zweiräder zusammen, eine Vorruheständlerin führt Besuchergruppen durch Hamburger Museen. Allen ist eines gemeinsam: Sie wollen noch nicht aufs Altenteil abgeschoben werden, sondern sich irgendwie nützlich machen und dabei Spaß haben. Das „Seniorenbüro Hamburg“ vermittelt entsprechende Stellen.

„Manche verwechseln uns mit einer Jobvermittlung“, sagt der Leiter Ulrich Kluge, der gerade mal halb so alt ist wie die Menschen, die er tagtäglich berät. Doch die Aufgaben, die er anzubieten hat, sind ehrenamtlich bei gemeinnützigen Einrichtungen. Engagementförderung nennt Ulrich Kluge das, weil sich „Vermittlung von Ehrenamtlichen“ so angestaubt anhört: „Beim Ehrenamt denkt jeder gleich an die klassischen karitativen Tätigkeiten, bei denen man sich für andere aufopfert.“ In dieses Schema passen seine KlientInnen nicht mehr: „Die wollen nicht willenlos mitarbeiten, sondern mitgestalten.“ Viele Verbände hätten das noch nicht erkannt und suchten deshalb vergeblich nach UnterstützerInnen. Dabei sind in den Zeiten der knappen Kassen ehrenamtliche MitarbeiterInnen gerade für viele kleine Projekte sehr wichtig.

„Wir erklären den Organisationen vorher, da kommt nicht die billige Schreibkraft, die ihnen mal eben den Papierkrieg erledigt, sondern ein Mensch, der auch Bedürfnisse und Ansprüche hat“, sagt Kluge. Die neuen Ehrenamtlichen wollen zwar auch anderen helfen, aber in erster Linie etwas für sich tun, so seine Beobachtung. Viele RuheständlerInnen wollen ihre neu gewonnene Freiheit nicht gleich wieder zur Gänze durch Verpflichtungen und volle Terminkalender einengen lassen. Sie wollen flexibel sein, reisen oder Unternehmungen mit ihren Enkeln einplanen können. Und während die Medien allzuoft das Bild von den „nutzlosen Alten“, die sich entweder „zu Tode amüsieren“ oder nur Kosten verursachen, weil sie lange leben und gepflegt werden müssen, breittreten, will das Seniorenbüro die Fähigkeiten und den Erfahrungsschatz der älteren Menschen in den Vordergrund stellen.

1993 wurde das Projekt durch ein dreijähriges Modellprogramm des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend initiiert. Von den ursprünglich bundesweit 43 Stellen existiert noch ungefähr die Hälfte. Das Hamburger Projekt, das von 26 Initiativen und Vereinen getragen wird, beantragt gerade eine zweite Verlängerung der Förderung. Rund 300.000 Mark betrug der Etat im vergangenen Jahr, ein Drittel davon steuert die Hamburger Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales bei.

Wer sich im Seniorenbüro meldet, wird zu einem Informationsgespräch eingeladen. Dabei soll geklärt werden, ob die Ratsuchenden eine sinnvolle Tätigkeit suchen, wo sie ihre Fähigkeiten einbringen oder neue Qualifikationen erwerben können oder ob ihnen die Decke auf den Kopf fällt und sie auf der Suche nach neuen Kontakten sind.

Zwei Drittel der Interessierten sind Frauen – meist in den Sechzigern. Sie sind häufig offen für Neues, während viele Männer am liebsten das machen, was sie von Berufs wegen immer schon getan haben und händeringend nach einer Beschäftigung suchen, weil sie mit dem Statusverlust nicht zurechtkommen. „Denen raten wir dann erst einmal, das zu tun, was sie schon immer tun wollten, als sie noch im Berufsleben standen“, erklärt der Zweite im Bunde der Vollzeitkräfte des Seniorenbüros, der 56jährige Stefan Edigkaufer.

Und gar nicht selten erfüllt das Seniorenbüro auch partnertherapeutische Aufgaben. „Viele Frauen schleppen ihre Männer hierher, weil sie denken, der muß jetzt endlich mal wieder etwas Sinnvolles tun“, erzählt Ulrich Kluge. Sie haben es satt, daß ihre Männer ihnen die ganze Zeit am Rockzipfel hängen und in die Kochtöpfe schauen.