Knallhart gegen Krümmel

Schleswig-Holsteins grüner Umweltminister will Ursachen-Erforschung von Leukämie in der Elbmarsch vorantreiben  ■ Von Heike Haarhoff

„Ich hoffe, daß wir die Atomkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel noch in dieser Legislaturperiode abschalten können.“ Jahrelang hat sich Rainder Steenblock mit oppositionellem Optimismus begnügen müssen; als frisch amtierender Kieler Umweltminister will der Grüne jetzt reale Regierungstaten folgen lassen. Als Ersatz für den Pannenreaktor Brunsbüttel ist seit längerem ein modernes Kohlekraftwerk mit Kraftwärmekopplung im Gespräch. Die Stillegung Krümmels will Steenblock mittels Leukämie-Studien sowie radiologischer Gutachten beschleunigen:

Noch in diesem Jahr, bekräftigte der Minister gestern gegenüber der taz, würden die Fall-Kontroll-Studien zur Ursachen-Erforschung von Leukämie in den Elbmarschen, den Kreisen Harburg und Lüneburg, Lauenburg, Stormarn (Verdachtsursache: Krümmel) sowie in den Kreisen Pinneberg und Steinburg (Verdachtsursache: Pestizide) anlaufen. Durchführen soll sie der Bremer Epidemiologe Eberhard Greiser, der schon Voruntersuchungen leitete. Zwar würden die End-ergebnisse „frühestens 1999“ vorliegen. Bei „erhärtetem Verdacht“ gegen das AKW „nehmen wir Krümmel zuvor vom Netz“.

Genauer unter die Lupe genommen werden zudem „das Problem der Leckagen und die Freisetzung von Radioaktivität in Krümmel“: Das radiologische Gutachten hierzu wird die Kieler Landesregierung 1996 ausschreiben. Die Herkunft der überhöhten Cäsium 137-Werte, die jüngst an der Station Grünhof gemessen wurden (taz berichtete), müsse eindeutig geklärt werden. „Da wird zuviel Geheimniskrämerei betrieben“, ist sich Steenblock mit der „BI gegen Leukämie in der Elbmarsch“ einig, die der AKW-Betreiberin HEW ebenfalls mangelnde öffentliche Daten-Transparenz vorwirft.

Nachdem Bonn wegen eines Streits um das Untersuchungsde-sign aus der zunächst bundesweit geplanten Leukämie-Studie ausstieg, hoffen Schleswig-Holstein und Niedersachsen auf die – auch finanzielle – Unterstützung Hamburgs: „Wir würden die Fälle aus Bergedorf gern einbeziehen.“ Gespräche mit der Gesundheitssenatorin „sollen folgen“.

Mehr Kooperation fordert Steenblock auch in der Hafen-Wirtschaft. Hamburg könne seine Flächenprobleme lösen, indem Massengüter künftig in den Häfen Brunsbüttel oder Lübeck abgefertigt würden. Die Elbvertiefung sei nur denkbar, wenn Kiel „auch davon profitiert“: „Es geht nicht, daß nur Hamburg den ökonomischen Nutzen hat, und wir für den ökologischen Ausgleich sorgen.“ Derzeit sei die wirtschaftliche Notwendigkeit der Fahrrinnen-Vertiefung „zweifelhaft“. Sie zu ermitteln gedenkt Steenblock jedoch nicht etwa durch unabhängige Gutachten. Nein, der Hamburger Wirtschaftssenator solle ihm das „in Gesprächen erläutern“. Der geschwätzige Erhard Rittershaus freut sich schon.

Schwammig wirkt auch Steenblocks Lösungsvorschlag im Kampf gegen die Meeres-Öl-Verschmutzung: Fordert er doch eine „Satelliten-Überwachung“ der kompletten Nordsee, weiß aber „auch noch nicht“, wer die wohl wie finanzieren soll.