Vögelschutz fehlt

■ In Bremen sind Kondomautomaten Mangelware

Jürgen würde „entweder zur Tanke oder in die Nachtapotheke gehen.“ Richard, ein anderer nächtlicher Gast der „Capri Bar“ im Steintor, sagt, er sei „Realist“, deshalb habe er immer welche dabei, „aber daß es hier welche gibt, hätte ich schon erwartet.“ Doch wer in Bremens Szene-Kneipen nach dem Kondomautomaten im Klo sucht, der sucht fast überall vergeblich, so auch in der „Capri-Bar“.

Im „Eisen“ steht Paul hinter der Theke. „Eine ganz wichtige Frage“ findet er, „warum es hier keine Kondome gibt“. Ebenso geht es Tom, Gast im „Eisen“, der tagsüber bei der Bremer Aidshilfe arbeitet: „Es fällt mir immer wieder auf, daß es sowohl in Bremer Kneipen, als auch draußen kaum Automaten gibt.“ Auch Renate am Nebentisch wüßte nicht, wo sie nachts Kondome herbekommen sollte. „Vielleicht in der Nachtapotheke“ schlägt sie unsicher vor. Jonas, Gast in der „Milch Bar“ und erst seit kurzem in Bremen kennt es anders: „In Regensburg gibt es Pariser oft in Zigarettenautomaten.“ Denn ob die Leute in einer dringenden Situationen des nächtlichen Bedarfs tatsächlich den Umweg über die Nachtapotheke in Kauf nehmen würden?

Im ganzen Viertel gibt es nur eine einzige Drogerie, an der es außerhalb der Öffnungszeiten Gummis für Silbergeld zu ziehen gibt. Auch die in vielen anderen Städten schon flächendeckend vorhandenen Kondomschächte in Zigarettenautomaten fehlen in Bremen fast überall. Die Firmen, die für die Automatenaufstellung zuständig sind, bestätigen dies: Thomas Schnepel von „Gardeler & Schnepel“ schätzt, daß gerade mal drei Prozent seiner Automaten mit einem Kondomschacht ausgerüstet sind. Bei Wolters-Tabakwaren verhält es sich ähnlich; die Anzahl der umgerüsteten Automaten liege weit unter 10 Prozent, so der EDV-Leiter der Firma.

Kondomschächte müßten erstens extra angefertigt werden und brauchen zweitens die Zustimmung der „Automatendulder“, erklärt Thomas Schnepel, daß heißt der Besitzer der Häuser, an denen seine Automaten hängen. Es komme wohl vor, daß diese „Dulder“ ihr Veto gegen Kondomschächte einlegen. Albert Kehlenbeck hatte zwar 1994 einige seiner Zigaretten-Automaten kondomgerecht nachgerüstet, „aber viele Kondome in den Zigarettenautomaten sind mir schlecht geworden“, klagt er. Der Grund: mangelnde Nachfrage.

So schlecht wie in den schmalen Gassen des Viertels sieht die nächtliche Versorgungslage in den Szenenkneipen aus. Vom „Wiener Hof“ über das „Eisen“, die „Milch Bar“, den „Römer“, das „Domino“, die „Capri Bar“ bis hin zu „Lemanns“ und „Steintor Schänke“ ist kein einziges der Klos mit einem Kondomautomaten ausgerüstet. Die Kneipenwirte sind nämlich gezwungen, die Automaten zu kaufen. Damit sich der Preis von 700 bis 2.000 Mark amortisiert, müßten sie auch entsprechend verkaufen. Doch die Nachfrage ist offenbar nicht groß genug.

Susanne Gerhardy, Inhaberin des „Eisen“, winkt ab: „Ich hab' schon oft dran gedacht, aber wenn ich was dafür zahlen muß, dann kommt das nicht in Frage.“ Der Sprecher der Senatorin für Gesundheit, Jugend und Soziales, Holger Bruns-Kösters, wischt den nächtlichen Mangel vom Tisch: „Wir haben noch nie eine Anfrage oder Beschwerde aus der Bevölkerung bekommen. Das Problem hat offenbar nur die taz.“

flo