... bis das Handy verstummte

■ Geschäftsführer der Staatsoper Unter den Linden weist Vorwürfe der Veruntreuung zurück. Vom Geheimkonto seien keine Luxusautos gekauft worden

Über den Verbleib der Gelder, die seit 1991 über ein Schwarzkonto der Deutschen Staatsoper Unter den Linden liefen, gibt es jetzt erste Vermutungen. Das Konto, auf dem bis zu einer halben Million Mark verrechnet wurde, sei in den letzten fünf Jahren ohne Wissen der Opernverwaltung betrieben worden, betonte der geschäftsführende Direktor der Lindenoper, Georg Vierthaler.

Seit Ende 1989 bis Mai 1993 habe es eine Vielzahl von Kontobewegungen gegeben, sei jetzt festgestellt worden. Was davon bezahlt wurde, lasse sich aus den Auszügen nicht ersehen. Von 1993 bis heute sei dann von dem Konto nur noch die monatliche Rechnung für das Auto-Handy des Intendanten abgebucht worden.

Die Opernverwaltung jedoch registrierte weder die Existenz des Kontos noch das Fehlen der Rechnungen für das Handy. Die Anschaffung von zwei Limousinen aus dem Geheimkonto, von der die Boulevardpresse schrieb, dementierte Vierthaler.

Ein einstmal gut gefülltes Schwarzkonto als Kaffeekasse für den grauen Alltag in der Opernverwaltung? Zumindest hat sich nach der Durchsuchung der Wohnung einer ehemaligen Mitarbeiterin die Vermutung eher verstärkt, daß die halbe Million nicht im Privatportemonnaie der Frau verschwunden ist. Die Frau, einst Verwaltungsmitarbeiterin auf der Leitungsebene der Oper, war in dringenden Verdacht geraten, weil sie zuletzt als einzige noch Zugang zu dem Konto hatte.

Mehr ist über den Verbleib der Gelder aus der Justizverwaltung derzeit nicht zu erfahren – die Staatsanwaltschaft wird auch noch nächste Woche über den beschlagnahmten Buchungsunterlagen sitzen.

Vermutungen gibt es inzwischen jedoch darüber, wie es zu den Finanzschiebereien überhaupt kommen konnte. Die Welt vertritt die Hypothese, daß Gelder aus dem ehemaligen SED-Vermögen, die die PDS im Februar 1990 an den Staatshaushalt abführte, die Grundlage des Kontos bildeten. Entsprechend der Entscheidung des DDR-Ministerrats war der Betrag von insgesamt 3 Millionen Mark den Ostberliner Bühnen zur Verfügung gestellt worden.

Ob die Staatsoper davon bis zu 500.000 DM erhielt, ist nicht nachprüfbar. Opern-Geschäftsführer Georg Vierthaler bezweifelte dies gegenüber der taz. Ob die SED- Gelder wirklich auf dem ominösen Opernkonto landeten, könnten erst die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ergeben – für die Annahme der Welt gibt es nach Vierthaler zumindest keinerlei Belege.

Fest steht lediglich, daß Intendant Georg Quander von der Existenz des Kontos wußte und spätestens 1992 die Weisung gegeben hat, es aufzulösen. Genau dieser Anordnung folgte die damals zuständige Verwaltungsmitarbeiterin der Lindenoper nicht. Wiederentdeckt wurde das Konto erst durch einen Zufall. Die Telekom mahnte im Mai dieses Jahres die Rechnungen für das Handy an, als das Guthaben auf dem Konto aufgezehrt war.

Bei einer Überprüfung fanden sich im Abholerfach der Commerzbank die Kontoauszüge und Telefonrechnungen von drei Jahren. Daraufhin schaltete die Senatsverwaltung in Person des Wissenschaftsstaatssekretärs Erich Thies die Kripo und den Rechnungshof ein. Fritz von Klinggräf