: Hallo, ihr Schwervermittelbaren!
Endlich eine Frau am Samstagabend – und dann soll sie doch bloß donnerstags kommen? Die Hessin Susanne Fröhlich moderiert die neue ARD-Single-Show „Allein oder Fröhlich“ ■ Von Manfred Riepe
Wenn Susanne Fröhlich den Mund aufmacht, dann zerspringt das Porzellan in den Schrankwänden. Seit acht Jahren moderiert die subversive Quasselstrippe aus Frankfurt samstags abends das beliebte „Ausgehspiel“, die erste Singleshow im Radio. Dort rufen immer die Loneley Hearts an, die alle Phil Collins hören, gerne radfahren und eine/n Freund/in suchen. 1994 ging Susanne Fröhlich auf die Zeil und zog sich einen Bänderriß zu. Dann kam sie ins Fernsehen.
„Fröhlich am Freitag“ hieß die Kuppelshow des wuchtigen Rauschgoldengels, der nun zu hören und zu sehen war. Susanne Fröhlich ist eine präzise Mischung aus Sharon Stone und Hella von Sinnen. Im Supermandreß und mit vier „F“ auf der Brust verblüffte sie Kinder und Kritiker. „Fröhlich am Freitag“ hatte den unwiderstehlichen Charme von „Fernsehen selbstgemacht“. Susanne Fröhlich hat keine Gagschreiber, die ihr die Witze vorverdauen. Ihre Ansprache ist herzhaft: „Hallo, Ihr Schwervermittelbaren!“ Im Gegensatz zu „Herzblatt“ gab es hier keine gecasteten Kandidaten, die vorgereimte Sätze aufsagten: „Casting ist gaga.“ Bei ihr sitzt das zitternd echte Leben in seiner ganzen Blödheit live vor der Kamera: Sie hören Phil Collins und fahren gerne Fahrrad. Wenn Susanne Fröhlich minimale Nuancen abfragt, hört sich das so an: „Liest du lieber Franz Kafka, Rosamunde Pilcher oder Konsalik – der hat übrigens Mundgeruch, ich hab' den mal getroffen.“ (Einige Lacher) „Na, das ist ja nichts Schlimmes, das kann ja vom Magen kommen.“
Mit unnachahmlicher Spontaneität verwickelt Susanne Fröhlich die Mädels und Jungs, die eigentlich nichts zu sagen haben, in sehr vielsagende Dialoge über ihre One-Size-Fits-All-Präferenzen. Es wird nicht „getalkt“, sondern geredet. Präsentiert werden auch Randgruppen, also „Männer, die aussehen wie Woody Allen und sich innerlich fühlen wie Clint Eastwood“. Ihre Zunge ist scharf wie „das Beste im Mann“ (Gillette), aber sie macht sich nie auf Kosten ihrer Gäste und Kandidaten lustig.
Ihre Originalität besteht darin, daß sie während der Sendung dieselbe ist wie hinterher. Sie ist 34, katholisch, mit einem Theologen verheiratet und hat einen Schwiegervater, der im Krankenhaus liegt, weil er mit 61 die Rollerblades angeschnallt hat. Susanne Fröhlich ist eine fröhliche Durchschnittsfrau, die nur ein bißchen mehr redet als normal. Was sie sagt, sind diese kleinen Bemerkungen, die einem so herausrutschen, hessisch derb: „Du hast prima frisch gewaschene Haare. Wenn wir so'n Fettkopp daneben stellen, das sieht doch nach nix aus.“
Zuweilen hat sie ein Organ „wie ein Meerschwein, das unter die Straßenbahn gerät“. Sie liest gerne, „obwohl ich weiß, daß das nicht trendy ist“. Sie trinkt „Hesskaffee“ und redet schnell wie „Hessie James“. Sie spricht eben den ganzen Müll aus, der einem so den lieben Tag lang durch den Kopf geht: „Wir haben heute eine Neuerung in der Sendung. Das ist meine Cousine Laura. Die war noch nie dabei. Da hinten habe ich die Renate und die Geli gesehen. Die kennen Sie sicher auch. Die sind nämlich aus meiner Straße.“
Das ist Fernsehen privat, aber kein Privatfernsehen. Susanne Fröhlich hat aus der Kuppelshow das gemacht, was Harald Schmidt aus „Verstehen Sie Spaß?“ gemacht hat. Spontan aus dem Publikum ausgewählte Kandidaten mußten bei „Fröhlich am Freitag“ Wäsche aufhängen und Babys wickeln und Zettelchen herantragen. „Wir beschäftigen uns mit der Menschwerdung des Mannes.“ Das mögen und verstehen sogar die älteren Damen. Nur Mutter Fröhlich ist nicht immer begeistert: „Sie hat gesagt, Du mußt abnehmen, sonst können die bald in 16:9 senden.“
Bei der Nachfolgeshow war Susanne dann (ab Dezember 1995) „Gnadenlos Fröhlich“. Die Kuppelei wurde zugunsten improvisierter Mediensatire reduziert. Susanne rief live Zuschauer an, die ihr brieflich alles Übel dieser Welt gewünscht hatten. Oder die Live- Kamera terrorisierte 16jährige Jungs, die zu Hause vor dem Fernseher rumlungerten, und ahnungslos Viva schauten. Einer wurde gezwungen, Hessen 3 einzuschalten, und „Gucke mal da! Hier is' die Susanne Fröhlisch!“
Angefangen hat das alles „auf der Hochzeit meiner Freundin Christel“. Mit zwei Frauen hat Susanne „Golden Girls“ improvisiert: „Ich war die Bläntsch.“ Unterhaltungschef Küsters hat sie daraufhin fürs Hessische Farbfernsehen engagiert. Jetzt ist Susanne Fröhlich die erste Frau, die in die Männerdomäne der großen Samstagabend-Unterhaltung einbricht. Ab Oktober wird die Show allerdings am Donnerstag ausgestrahlt (einmal monatlich 21.45 Uhr bis 22.30 Uhr). Dann wird bundesweit gekuppelt. Make Love, not Kommerz – auch wenn es gegen Schreinemakers geht.
Eins wird es während der Sendung garantiert nicht geben: Gesang. „Ich lasse nicht zu, daß jemand unmotiviert im Nebel steht und singt.“ Dafür tourt das „Single Mobil“ durch die Republik. „Also – Einsteigen, Tür zu, Kamera an, kurz vorstellen und fertig.“ Alle haben eine Chance: „Also auch Allergiker, Heimwerker und Kakteenzüchter.“
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