Bioethik-Resolution in Straßburg gescheitert

■ Deutsche SPD-Abgeordnete im Europaparlament blicken nicht durch

Straßburg (taz) – Weil sich ein paar SPD-Abgeordnete in Straßburg in der Fraktionsdisziplin verheddert haben und die Abstimmungsregeln nicht überblickten, scheiterte völlig überraschend ein Beschluß zur Bioethik, mit dem das Europaparlament die Menschen vor dem Mißbrauch der Gentechnik und Biomedizin schützen wollte. Jetzt ist der Weg frei für eine geradezu zynische Bioethik- Konvention des Europarates, die der Forschung an Embryonen und Behinderten Tür und Tor öffnet.

Die strenge Bioethik-Resolution des Europaparlaments sollte der laschen Konvention des Europarates zuvorkommen. Im Europarat sind neben den 15 EU-Ländern 21 weitere europäische Staaten vertreten. Der Rat ist nicht gewählt, die Entscheidungen werden von den 36 Außenministern getroffen sowie von Vertretern der nationalen Parlamente.

Zwischen der Europäischen Union und dem Europarat hat sich eine Arbeitsteilung durchgesetzt: Die EU ist vor allem für die wirtschaftliche Zusammenarbeit der 15 Mitgliedsländer zuständig, der Europarat für die Menschenrechte in ganz Europa. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stützt sich bei seinen Entscheidungen in der Regel auf die bisher 150 Konventionen des Europarates.

Weil im Europarat Einstimmigkeit notwendig ist, spiegeln die Beschlüsse den kleinsten gemeinsamen Nenner wider. Mit einer eigenen Bioethik-Resolution hätte das Europaparlament strengere Standards setzen können. Zumindest für die EU-Länder wäre es dann unmöglich gewesen, der schwachen Europarats-Konvention beizutreten und sie damit wirksam werden lassen. Die Chance ist vertan.

Die europäischen Sozialdemokraten haben sich an einem Punkt der geplanten EU-Konvention gestoßen. Danach dürften bei der künstlichen Befruchtung überzählige Embryonen nicht eingefroren werden. Für betroffene Frauen bedeutet das, daß sie die schmerzhafte Entnahme der Eizellen möglicherweise mehrfach über sich ergehen lassen müssen. Die Berichterstatterin der Sozialdemokratischen Fraktion, Evelyne Gebhardt, hat deshalb die Ablehnung empfohlen.

Sie selbst hat für die Konvention gestimmt. Denn das deutsche Embryonenschutzgesetz verbietet das Einfrieren ohnehin. Unter den deutschen SPD-Abgeordneten gab es deshalb die Vorgabe, für die Resolution zu votieren. Mindestens fünf SPD-Abgeordnete haben das nicht mitbekommen. Ihre Stimmen gaben den Ausschlag. Alois Berger