Kurzer Auftritt der Kronzeugin

■ Souhaila Andrawes verweigerte die Aussage im Prozeß gegen Monika Haas. Verteidigung verlangt, die Anklage fallenzulassen

Keine halbe Stunde dauerte es, bis die Kronzeugin Souhaila Andrawes den Sicherheitssaal des Frankfurter Oberlandesgerichts wieder in Richtung Hamburger Gefängnis verlassen hatte. Die einzige überlebende Entführerin der Passagiermaschine „Landshut“ von Mallorca nach Mogadischu im Herbst 1977 war nur unter der Bedingung erschienen, von Hamburg nach Frankfurt fliegen zu können. Reisefähig sei sie nur, hatte ihr Arzt erklärt, mit orthopädischem Bett und Aussicht auf Bewegungs- und Gesprächstherapie in der Frankfurter Untersuchungshaftanstalt. Daran fehlte es nicht. Andrawes saß die wenigen Minuten im zweiten orthopädischen Stuhl des Vorsitzenden Richters Erich Schieferstein. Den ersten hatte dieser bereits an die Angeklagte, die Frankfurterin Monika Haas, abgetreten.

Andrawes begann ihre schon seit Tagen angekündigte Aussageverweigerung blumig mit „Verehrte Richter“. Dann übte sie sich, wie schon einige Male zuvor, in Verklausulierungen. Haas war aufgrund von Andrawes Aussage verhaftet worden. Haas habe, hatte die Palästinenserin vor ihrer Auslieferung nach Deutschland in ihrer Wahlheimat Norwegen ausgesagt, damals die Waffen für die Flugzeugentführung nach Mallorca transportiert.

Das mochte sie auch diesmal nicht wiederholen. Sie habe „dafür Verständnis, wie kompliziert die Situation für alle involvierten Parteien ist“, sagte sie statt dessen. Verständnis habe sie auch dafür, daß „Leute sich darüber wundern, wie ich eine Erklärung abgeben konnte, um dann einen Rückzieher zu machen“. Über ihre Gründe könne sie aber „leider keinen weiteren Kommentar abgeben“. Monika Haas richtete eine Erklärung direkt an Andrawes: „Ich hätte mir gewünscht, daß Sie aussagen und das wir Sie zu diesem Komplex befragen können.“ So habe sie es „sehr viel schwerer, zu belegen, daß Ihre Geschichte nicht stimmt“.

Im Anschluß stellte Verteidiger Armin Golzem einen Antrag auf Aufhebung des Haftbefehls gegen seine Mandantin. Es bestehe kein dringender Tatverdacht, denn die Anklage sei „in sich zusammengefallen“.

Auch der am Vortag vernommene Zeuge Werner Hoppe, der bis 1986 als Zuträger für die Stasi arbeitete, hatte wenig zur Wahrheitsfindung beigetragen. Hoppe ist ein kranker, zerrütteter Mann. Auf viele Fragen reagierte er mit gespenstischem, an den Nerven zerrendem Schweigen. Bis 1979 hatte er wegen einer Schießerei und Mitgliedschaft in der RAF acht Jahre im Gefängnis gesessen. Der DDR habe er sich als dem „besseren, antifaschistischen Deutschland“ verbunden gefühlt. Seine zahlreichen Besuche dort erinnerte er vage und dankbar als „Erholung“: „Die haben sich zu ihren Gästen immer sehr gut verhalten.“ Mit seinem Führungsoffizier Werner Orzschig habe er nicht nur diskutiert, sondern auch „gesoffen“. Hoppe erinnerte sich nicht, die ihm zugeordneten Berichte in der belastenden Stasi-Akte OV Wolf über Monika Haas verfaßt zu haben: „Ich habe den Eindruck, ich höre das heute zum ersten Mal.“ In den Jahren nach seiner Entlassung habe er als Folge der Isolationshaft unter schweren psychischen Schäden, wie zum Beispiel unter Eßstörungen, gelitten. Heide Platen