■ Soundcheck
: Gehört: Paralamas do Sucesso/Chico Science & Nacao Zumbi und Underworld

Gehört: Paralamas do Sucesso / Chico Science & Nacao Zumbi. Nachdem der Bloco Afro Timbalada seine Europatournee abgebrochen und deswegen seinen Auftritt beim Brasilianischen Sommer in der Fabrik am Tag des Auftritts abgesagt hatte, gab es Freitag mit gleich zwei Gruppen der jungen Generation eine zweite Hoffnung auf eine brasilianische Stimmungs-Nacht.

Brasilien ist eher ein Kontinent als ein Land, und so wundert es nicht, daß immer wieder neue Musikimpulse von dort in die hiesigen Charts schwappen. Den umgekehrten Weg nahm die Gruppe Paralamas do Sucesso. Das Trio orientierte sich an englischer Ska-Musik und entdeckte erst über die europäische Tradition die eigene Folklore. Auch mit Keyboard, Congas und dreiköpfiger Bläsergruppe erweitert, wurde die Band nicht zum billigen Lieferanten von Karnevalsmusik. Vielmehr gaben sie ihre brasilianische Sicht von Weltmusik zum Besten, in der die alten Idole erkennbar blieben. So streifte die Band Erinnerungen an Carlos Santana, zitierte mit „Riders On The Storm“ die Doors und fand via Madness-Sound nahtlos zu Bob Marleys „Kaya“, so daß Althippies und die notorisch begeisterungsfähige brasilianische Gemeinde gemeinsam aus dem Häuschen gerieten.

Schluß mit lustig war es, als Chico Science & Nacao Zumbi auftraten. Trotz einer fünfköpfigen Rhythmusgruppe mit allein drei Trommlern an der Surdo-Pauke gab es keinen leichten Stoff. Die Band ist Beweis für die Möglichkeit, brasilianische Traditionen auch erfolgreich in Grunge umzusetzen. Für den düsteren Sound, der direkt den Schlamm der Mangrovensümpfe Recifes mit dem Sumpf der Megastädte verbindet, wurde der Name Mangue-Beat geprägt. Mit Sonnenbrille und Strohhut legt der Sänger dazu eine etwas nervige, karikierend spastische Bühnenshow hin, die nicht unbedingt gefallen muß. Hajo Schiff

Gehört: Underworld. Ein Event, ein Event! Techno-Freunde haben Spaß an ungewöhnlichen Locations, also mußte es früher oder später dazu kommen: Nach dem Rave im Flugzeug, in der Kirche und unterm Brandenburger Tor sollte es nun den ultimativen Rave in der Markthalle geben. Die hatte sich extra ganz hübsch gemacht, mit vielen bunten, gebündelten oder zuckenden Lichtanlagen überall. Um 21 Uhr hätte es am Samstag losgehen können, doch da passierte erstmal nichts. Erst als Schwärme von Papierschwalben ihre Runde gezogen hatten, begannen Green Piece im MarX Drum & Bass aufzulegen. Was allerdings die wenigsten interessierte, denn wir waren ja wegen Underworld da. Später legte Move D feinsten Rhythm & Techno in der großen Halle auf. Was wir nicht zu schätzen wußten, denn wir waren ja wegen Underworld da. Danach gab's netten Tanztechno mit Darren Price. Doch auch das brachte keine rechte Freude. Warum waren wir da eigentlich?

Als um halb zwei endlich, endlich Underworld auftraten, hatte das Sandmännchen seine Runde schon lange beendet. Doch Emerson, Smith und Hyde legten so heftig, fröhlich und perfekt los, daß alle plötzlich wieder wußten, warum sie da waren. Und sie tanzten ausgelassen miteinander und lächelten einander selig zu, wie es sich für ein großartiges Konzert gehört. Schade nur, daß eine Pause nötig war. Denn da rief das Bett schon allzu laut, und viele erlebten den begeisternden zweiten Teil nicht mehr mit. Hätte doch nur ein DJ aufgelegt, dann wären Spannung und Stimmung auch ohne Beleuchtungsaufwand groß genug gewesen, um ein ganz großes Konzert dieses Sommers zu erleben.

Nele-Marie Brüdgam / Foto: jms