15-Minuten-Gericht

■ Angeklagter binnen einer Viertelstunde wegen Betruges zu Geldstrafe verurteilt

Um ein Betrüger zu werden, benötigte Anibal U. zwei Jahre und 15 Minuten. 24 Monate lang hatte er Arbeitslosenhilfe bezogen und nebenher in einer Reinigungsfirma gearbeitet – ohne den Verdienst dem Arbeitsamt anzuzeigen, stellte die Staatsanwältin in ihrer Anklageschrift fest. Des Betruges für schuldig erklärte sie ihn in ihrem Plädoyer zehn Minuten später. Er habe auf extrem sozialschädliche Weise einen nicht unerheblichen Schaden angerichtet. Vier Monate Haft auf Bewährung forderte die Anklagevertreterin, schon aus Präventionsgründen; das Amtsgericht verurteilte ihn zu einer Geldstrafe.

Insgesamt 5138 Mark Arbeitslosenhilfe hatte der Angeklagte von März 1991 bis zum Februar 1993 „zu Unrecht bezogen“. Heute lebt er mit seiner Frau und einer erwachsenen behinderten Tochter von rund 1300 Mark Rente monatlich. 200 Mark „verdient“ die Tochter in einer Behindertenwerkstatt; 200 gibt's vom Sozialamt. Das „zu Unrecht bezogene“ Geld zahlt U. in monatlichen Raten a 50 Mark zurück.

Seine Tat sei kein dreister Betrug gewesen, zeigte sich die Richterin verständnisvoll, sondern mit Sicherheit aufgrund finanzieller Schwierigkeiten erfolgt. Und weil der Angeklagte – so lobenswert wie selten – begonnen habe, den Schaden wieder gut zu machen, habe das Gericht lediglich eine Geldstrafe verhängt. Die 60 Tagessätze a zehn Mark soll der Angeklagte mit monatlich 50 Mark abstottern können. Diese „Vergünstigung“ entfalle aber, sobald er mit einer Rate mehr als zwei Wochen in Verzug gerate.

Die Äußerung des Angeklagten, von einer „Erklärungspflicht“ gegenüber dem Arbeitsamt nichts gewußt zu haben, wurde zu Beginn des Viertelstunden-Prozesses rasch übergangen. Sein Verzicht auf Berufung und Revision wurde hingegen gehört und dankbar als „nimmt das Urteil an“ ins Protokoll aufgenommen. Stefanie Winter