: Metallskelette, Latex und Seele
■ Originalpuppen von „James und der Riesenpfirsich“ bei Nautilus
Meine Tanten sind ja die liebsten der Welt. James, die Hauptfigur aus Henry Selicks morgen anlaufendem Film James und der Riesenpfirsich hat da weniger Glück. Die Tanten, zu denen er nach dem Tod seiner Eltern ziehen muß, sind furchtbar böse. Kein Wunder, daß er sich lieber aus der eh schon nicht sehr realen Realität entfernt und – in einer Art Parallelwelt – zur perfekt gestalteten Puppe mit Metallskelett und Latexkörper wird.
180 Puppen verkörpern die sieben Hauptfiguren des teils auch mit echten Menschen gedrehten Films, jeweils 15 Puppen pro Figur: jede eine weitere Bewegungsmöglichkeit, ein anderer Gesichtsausdruck. James, der in dem Riesenpfirsich auf Reisen geht, erhielt allein 45 Köpfe. Dabei verfügen er und der fast ebenso wichtige Tausendfüßler (Foto) über einen komplizierten Artikulationsmechanismus unter der Latexhaut, mit dem der Animator Einstellung für Einstellung die Mundformen für den Dialog simulierte.
Erst die gute, altmodische Stop-Motion-Technik erweckt das komische Universum aus Käfern, Würmern und Spinnen nämlich zum komplizierten Leben. Wie die Mundbewegungen beim Dialog, wird hierbei jede Bewegung in Einzelsequenzen gefilmt. Bei einer 12-Minuten-Sequenz kann das schon mal 6 Drehtage rauben.
Regisseur Henry Selick wußte, worauf er sich einließ: Seinen Durchbruch hatte er 1993 mit dem skurrilen Stop-Motion-Nightmare Before Christmas, und auch die Titeltrailer, die er für MTV drehte, nutzten diese Technik.
Eigentlich wollte James in seinem Riesenpfirsich nach New York, doch jetzt ist er erst einmal nach Hamburg geraten: Im Schaufenster der Buchhandlung Nautilus sind er und seine Mit-Puppen jetzt zu sehen und wirken auch hier faszinierend. Zum Eigenleben werden sie allerdings erst auf der Kinoleinwand erweckt. tom
Buchhandlung Nautilus in den Zeisehallen, bis 5. August
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