piwik no script img

Das juckt selbst die gutmütigsten Dickhäuter

■ Um das Image als Elefantenquäler zu bessern, ist der Zirkus Wille-„Busch“ um keine Idee verlegen. Gestern zogen die Elefanten durchs Brandenburger Tor

Frisch geschrubbte Elefantenleiber glänzen in der Sonne, ein O-beiniges Tigerbaby tapst scheu zwischen Touristensandalen, zwei Trapez-Feen wiegen sich in den Hüften und zupfen ihre bunten Röckchen zurecht. Eine fünfköpfige Truppe weiß-uniformierter Musiker bläst zur Klamaukmusik zwischen Dixie und „Meenzer Fassenacht“: Die romantische Schaustelleridylle scheint perfekt.

Etwa dreißig Zirkustiere und Artisten des „Circus Carl Busch“ posierten auf diese Weise gestern mittag für Touristen- und Pressekameras vor dem Brandenburger Tor, um endlich Publikum in das zweieinhalbtausend Besucher fassende Zelt unweit des Pariser Platzes zu locken. Seit gut zwei Wochen hat der Zirkus hier schon sein Lager aufgeschlagen, wartet jedoch nach wie vor auf ausverkaufte Vorstellungen.

Aus gutem Grund: Immerhin hat der unter dem Namen „Carl Busch“ reisende Familienzirkus von Direktor Alfons Wille sein Image durch untiergemäße Haltung und Pflege insbesondere seiner Elefanten gründlich strapaziert. Amtstierarzt Herbert Schmidt aus Mitte, der BUND und die „Gesellschaft der Circusfreunde“ hatten mit einer Presseerklärung den „Elefantenskandal“ entfacht. Wille-„Busch“, so empörten sich die Tierschützer, halte seine drei Elefanten in engen Transportcontainern und unter der Obhut ungelernter Tierpfleger, die die Elefanten nicht waschen, sondern nur „abfegen“ würden. Amtstierarzt Schmidt drohte dem Zirkus sogar mit einem Platzverweis.

Diese Schmach konnten die Schausteller allerdings abwenden: Ein Elefantenzelt wurde errichtet. Damit betrachtete Eggert den Zirkus gestern als rehabilitiert: „Wir haben inzwischen die kleinen Mängel behoben, die von den Tierärzten bemerkt worden waren. Unsere Elefanten sehen phantastisch aus!“ Der besondere Trumpf des Zirkus ist allerdings, daß der zur Begutachtung hinzugezogene Veterinär des Zoologischen Gartens, Dietmar Jarofke, öffentlich bescheinigte, die Tiere hätten auf ihn „einen guten Eindruck“ gemacht. Die Kritik an Wille- „Buschs“ Tierhaltung bezeichnete er als „aufgeblasen aggressive Zirkusphobie“.

Jarofke steht mit seinem – laut Fachkreisen beschönigendem Urteil – jedoch allein. Daß die Tiere unter Gelenkschmerzen und Juckreiz litten, sei unübersehbar, meinte Michael Naether, Mitglied der Berliner Initiativgruppe „Elephant Welfare“. Die Freunde der grauen Dickhäuter beklagen, daß allein im vergangenen Jahr sechs der nach Deutschland importierten Tiere aufgrund nichtartgemäßer Haltung verendet seien.

Zirkusspezialisten wie der 75jährige Berliner Johnny van Trix meinen, daß bei Wille-„Busch“ so manche krumme Tour läuft: „Das betrifft ja nicht nur die Tiere. Wille arbeitet mit Artisten aus dem Osten, die er mit 'nem Appel und 'm Ei abspeist.“ Und schließlich sei Wille eben nicht Busch: „Alles Etikettenschwindel! Dabei hatte Wille schon einmal einen Prozeß am Hals, als er noch unter dem ebenfalls geklauten Namen ,Williams‘ tourte.“ Solche Methoden, gab van Trix zu bedenken, seien allerdings in Zirkuskreisen, „und nicht nur dort“, gang und gäbe. Eva Behrendt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen