Großer Schaden bei Brand in türkischer Druckerei

■ Polizei geht von Brandstiftung aus. Zusammenhang mit anderen Anschlägen auf türkische Einrichtungen vermutet

Zeitgleich mit mehreren Brandanschlägen auf türkische Einrichtungen in der Bundesrepublik ist am Montag abend auch in der größten türkischen Druckerei in Berlin, der Firma Conzept in Kreuzberg, ein Feuer ausgebrochen. Dabei entstand Sachschaden in Millionenhöhe.

Ein türkischer Mitarbeiter des „Multikulti“-Radios des Sender Freies Berlin äußerte gegenüber der taz ganz unverhohlen die Vermutung, daß der Anschlag mit dem Hungerstreik der politischen Gefangenen in der Türkei in Verbindung stehen könnte. Der Hungerstreik hatte am Sonntag ein erstes Todesopfer gefordert.

Auch die Polizei geht nach einer ersten Spurenauswertung von Brandstiftung aus. Über das mögliche Motiv für einen Anschlag wollten die Ermittlungsbehörden allerdings nicht spekulieren.

Das Feuer vernichtete die gesamte Kundenkartei des seit zehn Jahren bestehenden Verlages und alle Unterlagen über ausstehende Rechnungen.

Über eine Million Sachschaden

„Der Schaden beträgt mehr als eine Million Mark“, erklärte Geschäftsführer Diyap Sakalli gestern völlig fassungslos. Der Verlag hatte im Frühjahr das erste türkische Branchenbuch für die 138.000 in Berlin lebenden Türken herausgegeben, das zweite sollte in Kürze folgen. Für türkische Geschäftsinhaber, Sport- und Kulturvereine druckte der Conzept Verlag Broschüren, Faltblätter, Kalender und Bücher.

Die Druckerei befindet sich im ersten Stock eines von Gewerbetrieben und normalen Mietern bewohnten fünfgeschossigen Hinterhauses in der Kreuzbergstraße. Kaum eine Fensterscheibe über und neben dem Brandherd war heil geblieben. Die schwarze Fassade zeugte davon, daß die Flammen bis zum Dach hochgeschlagen waren.

Der Büroraum des Conzept Verlags, der neben der Druckerei eine Werbeagentur und einen Verlag beinhaltet, ist vollständig ausgebrannt. Türen und Fenster waren bis zur Unkenntlichkeit verkohlt, auf den bröckelnden Wänden und der Decke lag zentimeterdicker Ruß. Ein zerklumpter Haufen, aus dem das Löschwasser rann, war alles, was vom einstigen Mobiliar übriggeblieben war. Es stank nach verschmortem Plastik und verbranntem Holz, zu dem sich ein beißender Säuregeruch gesellte. Gestern mittag wurde der Gestank so unerträglich, daß selbst die Beamten des Brandkommissariats kurzzeitig die Flucht ins Freie ergriffen.

„Wenn es wirklich ein Anschlag war, dann hat er die türkische Wirtschaft in Berlin ins Herz getroffen“, steht für den Vizepräsidenten der europäischen Vereinigung der türkischen Akademiker (EATA), Hakan Uzun fest.

Wichtige Unterlagen sind zerstört

Laut Uzun haben viele türkische Firmen beim Conzept-Verlag Firmenlogos und wichtige Druckunterlagen für Geschäftspost und ähnliches gelagert. Der Vizepräsident der EATA war gestern in die Druckei geeilt, um in Erfahrung zu bringen, ob das Feuer auch die für eine geplante Veröffentlichung auf Diskette gespeicherten Unterlagen der EATA vernichtet hatte. „Wenn es ein Anschlag war, dann kann er eigentlich nur von den extremen linken türkischen Gruppen kommen oder der PKK“, glaubt Uzun.

Warum sich diese ausgerechnet den Verlag als Ziel ausgesucht hätten, könne er nicht verstehen. Schließlich sei Conzept politisch völlig unabhängig. Plutonia Plarre

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