■ Hi, Sowjetunion
: Alles ist wie früher, sagt Cheftrainer Leonid

Atlanta (taz) – Leonid Arkajew ist Cheftrainer der russischen Turner, hat einen Hang zu sportphilosophischen Auslassungen und ist mit den Jahren erstaunlich mitteilsam geworden. Umgeben ist er von kleinen, in schwarze Turnhemdchen gewandeten Kerlen mit muskulösen Armen, die gerade Gold im Mannschaftswettbewerb gewonnen haben. Wahrscheinlich sitzt er deshalb so freundlich lächelnd auf dem Podium und gibt Auskunft darüber, was sich seit dem Zerfall der Sowjetunion geändert hat: Nichts! „Wir haben dieselben Geräte, dieselbe Ausrüstung. Wir haben alles, was wir brauchen.“ Und: „Es wird nur besser.“ Goldenes Rußland.

„Wir stehen auf den Schultern aller früheren Athleten“, sagt Arkajew und läßt keinen Zweifel daran, daß er sich und sein Team als legitime Erben der ruhmreichen sowjetischen Tradition sieht, an der er selbst als Coach maßgeblich beteiligt war. Der Unterschied sei nur, daß die Turner jetzt bei internationalen Meetings starten können. Und ihrem Trainer widersprechen. „Dieses Team ist viel besser als die früheren“, behauptet er, „weil es heute schwerer ist, Gold zu gewinnen.“

Sergej Charkow, Mitglied des Gold-Teams von 1988, sieht das anders und sagt es auch: „Wir haben es damals geschafft und wir haben es jetzt geschafft. Beide Teams sind gleich gut.“

Wenn auch nicht besser als ihre Vorläufer: Besser als die Chinesen (Silber), die Ukraine (Bronze), die frenetisch angefeuerte USA (Platz fünf) und die Deutschen (Platz sieben) waren sie allemal. Mit letzteren geht Arkajew hart ins Gericht. Dort gebe es keinen Fortschritt. „Was ich nicht in der deutschen Philosophie sehe, ist das, was wir in Rußland machen: junge Leute heranziehen.“ Und denen das richtige Denken beibringen: „Wir mußten tief suchen, um herauszufinden, wer wir sind und was wir sind.“

Leonid Arkajew vermag aber auch sehr simple Sätze zu formulieren, zum Beispiel, wenn es um die weiteren Pläne für Atlanta geht: „Wir wollen soviel Gold holen, wie wir kriegen können.“ Und sogar seine Marketing-Lektion hat der Coach gelernt. Auf die Frage, wie die Mannschaft denn den großen Triumph zu feiern gedenke, hält er stumm eine Getränkedose des olympischen Hauptsponsors in die Höhe.Matti