■ Asean-Staaten und der Westen streiten über Birma-Politik
: Verwickelte Fronten

Nach der Außenministerkonferenz der südostasiatischen Staaten (Asean) und dem nachfolgenden Treffen mit den Kollegen aus West und Ost scheinen die Fronten im Birma-Streit klar. Die Asean-Vertreter erklären einmütig, ihr höchstes Prinzip sei die Nichteinmischung bei Mitgliedsländern und dabei bleibe es, basta! Außerdem sollten sich die Europäer an die eigene Nase fassen, in Bosnien und Nordirland gäbe es für sie genug zu tun. Auf der anderen Seite fordern die Vertreter von EU und USA den Dialog mit Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi.

Doch in der Praxis sind die Gegensätze so eindeutig nicht: Französische (Total) und amerikanische (Unoco) Unternehmen gehören zu den wichtigsten Investoren im Land. Und auch wenn die Asean offiziell darauf beharrt, stets mit einer Stimme zu sprechen, so gibt es doch entscheidende Unterschiede zwischen ihren Mitgliedern. Auf der Hardliner-Seite stehen Singapur und Indonesien, die beste Beziehungen zu Rangoons Generälen haben. Doch beide Länder liegen weit von Birma entfernt. Thailand, ebenfalls ein wichtiger Handelspartner Birmas, hat hingegen eine lange und prekäre Grenze zum Nachbarland der Generäle und rebellischen Minderheiten. In den vergangenen Monaten haben sich nicht nur Zehntausende Flüchtlinge der ethnischen Minderheiten auf die thailändische Seite gerettet, eine halbe Million Birmesen sind zudem vor der katastrophalen wirtschaftlichen Situation in ihrer Heimat nach Thailand geflohen. „Wenn das System in Birma zusammenbricht“, fürchtet ein thailändischer Offizieller in Jakarta, gäbe es eine Situation „wie in Bosnien“. Dann würde das Land zwischen Indien und China geteilt, wie es in der Vergangenheit bereits der Fall war.

Thailändische Regierungsbeamte sagen deshalb hinter kaum vorgehaltener Hand, daß sie auf Versöhnung in Birma drängen. Der erste Schritt wäre, daß die Junta den Dialog mit Aung San Suu Kyi suchen muß, wie es die Nobelpreisträgerin seit Jahren vergeblich fordert. Menschenrechtsgruppen in Thailand und Malaysia drängen ihre Regierungen seit langem, ihre einseitige Unterstützung des birmesischen Regimes aufzugeben. Sie hoffen nun, daß ihre Regierungen aus purem Eigeninteresse beginnen, auf das Militärregime Druck auszuüben. Bislang ist davon allerdings noch wenig zu sehen. Jutta Lietsch