Plutonium aus Hanau nach Frankreich

Hessen genehmigt „Zurückführung“ nach La Hague. Siemens bestätigt indirekt taz-Bericht über höhere Plutoniummengen in der alten Brennelementefabrik  ■ Aus Frankfurt am Main Klaus-Peter Klingelschmitt

Siemens darf 140 Kilogramm Plutonium an die Wiederaufbereitungsanlage (WAA) der Cogema in Frankreich zurückliefern – ein erster Schritt für den Konzern, um einige Tonnen des gefährlichen Materials loszuwerden. Wie der Staatssekretär im hessischen Umweltministerium, Rainer Baake von den Bündnisgrünen, gestern erklärte, habe das Ministerium Siemens bereits in der vergangenen Woche vorab die Genehmigung erteilt. Dabei handelt es sich um Plutoniumoxidpulver zur Brennelementeherstellung, das im Jahr 1992 aus der WAA La Hague nach Hanau gebracht wurde. Es wird dort mit Uranoxid vermengt zu Mischoxid-(MOX-)Brennstäben.

In diesem Zusammenhang verwies Baake auf den Genehmigungsantrag von Siemens zum Leerfahren der Anlage, der im Oktober öffentlich erörtert werden soll. Danach befänden sich insgesamt noch 2,4 Tonnen Plutonium „in verschiedenen Bearbeitungszuständen“ in den beiden Fertigungshallen der stillgelegten MOX-Brennelementeschmiede. Das Umweltministerium geht also weiter davon aus, daß sich in der ehemaligen MOX-Fabrik von Siemens in Hanau „nur“ die von dem Unternehmen im vorliegenden Antrag zum Leerfahren der Anlage angegebenen 2.400 Kilogramm Plutonium befinden.

Die sich aus einer, nach internen Informationen aus dem Hause Siemens zusammengestellten und der taz vorliegenden Tabelle ergebenden, höheren Plutoniummengen in der MOX-Altanlage (taz vom 22.7.) wurden von Siemens-Sprecher Rainer Jend zunächst als Ergebnis eines unzulässigigen Vergleichs „zwischen Äpfeln und Birnen“ bezeichnet. So sei bei der Mengenberechnung nicht berücksichtigt worden, wie sich das Plutonium verteile, sagte Jend auf Nachfrage der Frankfurter Rundschau am Montag. Die MOX-Brennstäbe seien nur mit 0,25 Tonnen Plutonium versetzt. Und der Plutoniumanteil an den Brennelementen betrage nur 1,09 Tonnen.

Doch mit den Angaben zu den Plutoniumanteilen allein in den Brennstäben und den Brennelementen hat Siemens sich den Angaben in der Tabelle genähert. Denn zusammen mit den nicht dementierten Anteilen im Plutoniumoxidpulver, in den Flüssigkeiten, den Pellets und dem verunreinigten MOX-Pulver läßt sich eine Gesamtmenge von rund 2.500 Kilogramm Plutonium errechnen – rund 100 Kilogramm mehr als von Siemens offiziell zum „Leerfahren“ beantragt.

Dabei sind die demnächst in Hanau aufgrund von vertraglichen Verpflichtungen einzulagernden Plutoniummengen aus Italien und der Schweiz noch nicht berücksichtigt. Und auch nicht das Plutonium in den Handschuhkästen und Rohrleitungssystemen der Anlage, wie Umweltschützer aus Hanau gestern monierten. Immerhin soll es sich dabei nach Auffassung von Experten um 50 bis 100 Kilogramm handeln. Siemens rechnet beim Abbau der Anlage mit Kosten „im hohen dreistelligen Millionenbereich“.