Das Kino der Attraktionen

■ Fantasy und Gangster: Ab heute gastiert das Hong Kong in Action-Filmfestival im Metropolis

Die Rapper vom Wu Tang Clan tun es, die Beastie Boys tun es und Quentin Tarantino baute seine ganze Karriere darauf auf: Hong-Kong-Filme anschauen. Von waschechten Cineasten und Programmkinogängern verachtet, hat sich seit den frühen 70ern und dem Erfolg Bruce Lees in der asiatischen Kapital-Enklave eine ungeheuer vielfältige Filmkultur entwickelt, die dem Afficinado meist nur über Video-Raubkopien aus dritter Hand in spanischer Synchronisation und mit Untertiteln in Mandarin zugänglich war.

Dabei gehört das Hong-Kong-Kino zum Faszinierendsten, was in den letzten 15 Jahren auf unseren Leinwänden und Bildschirmen Einzug gehalten hat. Über die kunstvolle Erzeugung von Kleinholz weit fortentwickelt, bietet seine zeitgenössische Fantasy- und Gangsterfilm-Variante eine Filmsprache, die das rein Visuelle und Affektive dem Narrativen und Konsistenten gegenüber privilegiert und Sehkonventionen des europäischen und amerikanischen Erzählkinos subvertiert.

Fliegende Körper und halsbrecherische Akrobatik setzen die Gesetze der Schwerkraft und des realistischen Raums außer Kraft. Undurchschaubare Plots, sich wandelnde Identitäten und den Bildraum in Zeitlupe überflutende Explosionen und Blutströme suspendieren die Regeln narrativer Logik und Geschlossenheit. Was sich dem Cineasten nur in puritanischen Formen des Avantgardefilms erschließt, bietet das Hong-Kong-Kino auf sehr viel lustvollere Weise als karnevalistisches „Kino der Attraktionen“.

Mit dem „Hong Kong in Action Filmfestival“, das nach Stops in Berlin, Köln, München und Frankfurt endlich im Hamburger Metropolis haltmacht, will sich das chinesische Hollywood nun offiziell dem europäischen Publikum mit Produktionen der achtziger und neunziger Jahre präsentieren, die allenfalls im Rahmen der Berlinale oder der Fantasy-Filmfestivals zu sehen waren.

Die ausgewählten Filme aus den Subgenres Martial-Arts-Fantasy und Gangsterfilm laufen alle in Originalfassung mit englischen Untertiteln. So mancher Leckerbissen ist darunter. Tsui Harks grandioser Once Upon A Time In China bezieht sich auf den legendären Volks- und Kung-Fu-Helden Wong Fei Hong und die Auseinandersetzung zweier Kampfschulen während der Modernisierung Chinas im ausgehenden 19. Jahrhundert.

Sein endloser Showdown demonstriert die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Leitern, wie man sie sonst nur aus der Pekingoper kennt. John Woos Gangstermelodrama huldigt natürlich nicht nur wieder seinen Helden Peckinpah, Scorsese und Melville, sondern läßt auch Hong-Kong-Superstar Chow Yun-Fat wiederauferstehen – als Zwillingsbruder des im ersten Teil gestorbenen Mark! Verpassen sollte man genausowenig Patrick Tams mit sehr poetischen Kadrierungen arbeitenden The Sword und John Woos Frühwerk Last Hurrah For Chivalry.Tobias Nagl

„Once Upon A Time In China“ (Do, 25.7., 21.15 Uhr und Fr, 26.7., 23 Uhr) „Last Hurrah For Chivalry“ (Fr, 26.7., 21.15 Uhr und Sa, 27.7., 19.15 Uhr) „The Sword“ (Sa, 27.7., 23 Uhr und So, 28.7., 19 Uhr) „A Better Tomorrow II“ (Mo, 29.7., 19 Uhr und Di, 30.7., 21.15 Uhr) Über das ganze Programm informiert das Metropolis (