■ SURFBRETT
: Die Mailbox für die Geldprofis

Es ist schon lange keine Nachricht mehr, wenn eine Zeitung eine Online-Ausgabe gründet. Alle tun es, und alle tun dasselbe, auch das Wall Street Journal. Man durfte sich die erste Seite ansehen, zwei oder drei Artikel, dazu blattypisch ein paar Börsenkurse. Nicht weiter der Rede wert, wenn auch weit besser als beim deutschen Flaggschiff der Wirtschaftspresse. Das Handelsblatt (http://www.han delsblatt.de) begnügt sich bis heute damit, seine Anzeigenbeilage im Internet anzukündigen. Wer deutsche Wirtschaftsnachrichten sucht, muß online darben oder für viel Geld einen Börsendienst abonnieren.

Die Nachricht, daß das Wall Street Journal seine Internet-Ausgabe umgebaut habe, fiel deshalb zunächst nicht weiter auf. Dabei hat die Zeitung mit der ihr eigenen Nüchternheit neue Maßstäbe gesetzt. Nicht Bill Gates Mischung von Fernseh- und Webdesign, auch nicht mehr die Technorevoluzzer von Hotwired definieren heute, was Journalismus im Internet ist, sondern die zu Recht so genannte Interactive Edition des Wall Street Journal unter http://www.wsj.com.

Wer sich bis zum 31. Juli registrieren läßt, darf noch bis Ende August kostenlos lesen, danach wird das Wall Street Journal eine Gebühr verlangen. Gutes muß ja nicht teuer sein, aber umsonst gibt's auf dieser Etage nun mal gar nichts. Dafür kommt die Website sofort zur Sache. Schlanke Titelgrafik reicht, keine Animation zwingt den Computer dazu, andauernd neue Daten anzufordern. Auch die angeblich unverzichtbare Darstellung mehrerer Seiten in einem Bildschirmfenster (die „Frames“) fehlt. Statt dessen ist schon die Startseite ein geballtes Paket tagesaktueller Information. Zwar enthält die Interactive Edition nicht die komplette gedruckte Ausgabe, sie rechnet damit, daß niemand lange Texte am Bildschirm lesen mag, und liefert nur Kurzfassungen. Man vermißt nichts, zumal nun online alle drei Ausgaben zugleich zugänglich sind, neben der New Yorker auch die europäische und asiatische.

Gleich ganz sparen kann man sich das Augenpulver der Aktienkurse. Das Absuchen der Zahlenwüsten übernimmt der Server: Man muß nur die gewünschten Titel eingeben, das Programm liefert den aktuellen Kurswert des Portefeuilles zurück, auf Wunsch ergänzt mit Handelsempfehlungen: So einfach ist Spitzentechnik, und so billig: Ein eigens dafür entwickeltes Programm erlaubt, die jeweils interessierenden Artikel zwar online zu laden, aber offline zu lesen – die gute alte Mailbox in der Version für professionelle Scharfrechner. niklaus@taz.de