EU-Obstberge zu Fleischbergen

■ Landwirtschaftsminister kürzen Subventionen für Obst und Gemüse. Geld wird für Kauf von Rindfleisch gebraucht

Brüssel (taz) – Obst und Gemüse müßte jetzt billiger werden. Seit einem Jahr verhandeln die Landwirtschaftsminister der Europäischen Union über Reformen für die Unterstützung der Obst- und Gemüsebauern. Gestern morgen einigten sie sich auf ein Bündel von Maßnahmen, mit denen die Überschüsse begrenzt werden sollen. Für die Verbraucher bedeutet das günstigere Preise, für die EU Einsparungen in Millionenhöhe.

Seit Jahren kauft die EU große Mengen an Obst und Gemüse auf und läßt sie vernichten, um das Angebot knapp und die Preise hoch zu halten. Damit soll das Einkommen der Bauern gesichert werden. Doch die Überschüsse sind der EU längst über den Kopf gewachsen. In vielen Regionen bauen die Landwirte auch unter ungünstigsten Bedingungen noch Obst und Gemüse an. Die Qualität ist unwichtig, die minderwertige Ware wird von der EU zum Einheitspreis aufgekauft. In manchen Gegenden liefern die Bauern mehr als 50 Prozent der Ernte gleich bei den sogenannten Interventionsstellen ab.

Das soll sich nun ändern. Die 15 Landwirtschaftsminister beschlossen, daß die Aufkaufpreise um 40 Prozent gesenkt werden und die EU höchstens noch zehn Prozent der Ernte abnimmt. „Die Erzeugung allein für die Intervention wird sich in Zukunft nicht mehr lohnen“, versicherte Bundeslandwirtschaftsminister Jochen Borchert. Allerdings vereinbarten die Minister, daß die Regelung erst nach einer Übergangszeit von fünf Jahren endgültig in Kraft treten soll, damit die Bauern Zeit haben, sich auf die veränderten Absatzbedingungen einzustellen.

Gleichzeitig vereinbarten die Landwirtschaftsminister, die für 1997 vorgesehene Flächenstilllegung bei Getreide von zehn auf fünf Prozent zu verringern. Die Stillegung war vor drei Jahren beschlossen worden, um den Getreideüberschuß abzubauen.

Doch in der Zwischenzeit ist Getreide auf dem Weltmarkt knapp geworden, die Preise sind deutlich gestiegen und die EU konnte den Getreideberg in den Lagerhallen sogar abtragen. Durch die Halbierung der Flächenstilllegung wird im nächsten Jahr die Produktion voraussichtlich wieder um sieben Millionen Tonnen ansteigen.

Das bei Getreide, Obst und Gemüse eingesparte Geld wird die EU für die Entschädigung der Rinderzüchter brauchen. Durch die britische Rinderseuche BSE ist der Absatz eingebrochen. Die Landwirtschaftsminister einigten sich auf eine Reihe von kostspieligen Maßnahmen, um den Markt wieder zu stabilisieren.

Für dieses Jahr war bereits geplant, 400.000 Tonnen Fleisch aufzukaufen und in Kühlhäusern auf bessere Zeiten warten zu lassen. Doch EU-Agrarkommissar Franz Fischler warnte, daß dies nicht reichen wird. Die Landwirtschaftsminister beschlossen, ein paar hunderttausend Tonnen mehr aufzukaufen. Wieviel, das war gestern in Brüssel nicht zu erfahren. Alois Berger