Gute Stube fertig geplant

■ Am Pariser Platz fügt sich ein Puzzle aus Baugruben und Planungen mehr schlecht als recht zusammen. Alle Grundstücke sind vergeben. Von Rolf Lautenschläger

Gute Stube fertig geplant

Es ist augenscheinlich. Die Pelzmützen aus den Beständen der Roten Armee werden weniger. Die Baugruben am Pariser Platz holen auf: Links und rechts des Brandenburger Tores werden die Fundamente für die Häuser „Sommer“ und „Liebermann“ von Josef Paul Kleihues gelegt. Auf der Nordseite schaufeln Bagger ein Loch für die Dresdner Bank. Das historisierende Hotel Adlon wächst aus seiner Rüstung. Und wo noch nicht gebaggert oder zementiert wird, zeigen Prospekte, wo der Weg langgeht: Banken, Botschaften sowie Geschäftshäuser und mittendrin die Akademie der Künste.

Nach vier Jahren Grundstücksgerangel und Architekturstreit hat sich ein fast fertiges Puzzle aus Baugruben und Planungen für das einstige „Karrée“ zusammengefügt. Alle zwölf Grundstücke sind vergeben, für zehn Projekte liegen Pläne auf dem Tisch. Lediglich die Bauwettbewerbe für die französische Botschaft und das Geschäftshaus der ABG-Immobiliengesellschaft werden noch entschieden. Doch waghalsige Pläne werden die Nachzügler nicht aus dem Hut zaubern. Dazu sind die Ansprüche für die „gute Stube Berlins“ zu bieder gestrickt. Kleinmütig begrenzen „Gestaltungsregeln“ den Fassadenaufbau, der sich am Klassizismus des 19. Jahrhunderts orientieren soll: Vorwärts in die Vergangenheit? So richtig die Entscheidung war, die Platzgestalt in ihren räumlichen Konturen wiederherzustellen, so naiv war es zu glauben, daß mit dem preußisch-anheimelnden Fassadengesetz gute, aufeinander abgestimmte Architekturen entstünden. Im Gegenteil: Der Pariser Platz wird eine Architekturausstellung mit nicht wenigen banalen Exponaten à la Adlon oder Hanseatica-Passage.

Hätten die Verantwortlichen statt über ein diffuses Geschichtsbild mehr über Form und Funktion der Bauten am Pariser Platz gestritten, die Entwürfe selbst so renommierter Baumeister wie Frank Gehry für die DG-Bank und Michael Wilford für die Britische Botschaft kämen nicht so gesichtslos daher. So verpaßte der Dekonstruktivist Gehry der DG-Bank eine brave Bürohausfassade. Modernität und Repräsentanz werden – ebenso wie bei der Dresdner Bank – in den Innenhof gesteckt.

Es sei eine Herausforderung, am Pariser Platz „eine moderne Architektur zu wagen, in der die Geschichte der zerstörten Häuser widerscheint“, gab einmal Kleihues die Linie vor. Während sich die Kleihues-Bauten mit dem Anteil „Moderne“ schwertun, erfüllt merkwürdigerweise der Akademiebau von Günter Behnisch das Diktum am besten. Durch die gläserne Fassade kann man in die Räume des Altbaus hineinschauen. Die Geschichte des Gebäudes wird offengelegt und zugleich weitergeschrieben. Blickt man nach draußen, dominiert eher Geschichtslosigkeit.