Belastende Schwerelosigkeit

■ Trächtige Ratten hatten eine schwere Geburt nach einem Ausflug ins All

Schwangere sollten nicht nur Zigaretten und Alkohol meiden, auch eine Reise in die Schwerelosigkeit des Weltalls sollte tabu sein. Zu diesem Ergebnis kamen zwei US-Psychobiologen, Jeff Alberts und April Ronca von der Indiana Universität in Bloomington. Die beiden Wissenschaftler hatten Untersuchunen an Ratten durchgeführt, die 1995 von der Nasa auf eine Weltraumreise geschickt worden waren. Anfang Juli stellten sie nun ihre Egebnisse auf einem Psychologiekongreß in den USA vor.

Neun Tage nach der Befruchtung gingen die Tiere mit dem Space Shuttle auf die Weltraumreise. Neun Tage lang umkreisten sie im All die Erde. Die trächtigen Ratten verbrachten somit rund 40 Prozent ihrer Schwangerschaftszeit im schwerelosen Weltall. Die Tiere entwickelten sich in dieser Zeit völlig normal. Die Gewichtszunahme war genauso groß wie bie einer Vergleichsgruppe von trächtigen Ratten, die auf der Erde zurückgeblieben waren. Erst nachdem die Tiere wieder zurück auf der Erde waren und sich der Nachwuchs einstellte, machte sich der Unterschied bemerkmar: Während die auf der Erde verbliebenen Muttertiere rund 50 Kontraktionen benötigten um den Nachwuchs auf die Welt zu bringen, waren die Geburtswehen für die „Weltraumfahrer“ deutlich belastender. Sie gebaren im Durchschnitt erst nach 100 Kontraktionswellen ihre Jungen.

Die Ursache für die belastendere Geburt sei, so meinen die beiden Psychobiologen von der Indiana-Universität, eine schwächere Ausprägung der Muskulatur. Das Phänomen ist seit langem schon von rückkehrenden Astronauten bekannt: In der Schwerelosigkeit bildet sich die Muskulatur zurück.

Als noch dramatischer bezeichneten die beiden Forscher ein anderes Ergebnis. Zwei Stunden nachdem die Tiere von ihre Weltraumreise wieder zurück waren, maßen sie die Herzfrequenz der Rattenembryonen. Sie stellten fest, daß – nachdem sie die Raumlage der Embryonen veränderten – der Herzschlag bei den Versuchstieren im Vergleich zu der Kontrollgruppe um bis zu acht Prozent niedriger war.

Zurückzuführen sei dies auf eine Beeinträchtigung der Gleichgewichtsorgane im Ohr. Diese Unterschiede verschwanden erst nach einiger Zeit wieder. Die Tiere entwickelten sich dann, zumindest soweit das feststellbar ist, wieder völlig normal, berichteten die Forscher. Diese Ergebnisse seien wichtig, wenn einmal der Menschheitstraum von einer ständig bemannten Raumstation in Angriff genommen werden. Auf jeden Fall sei es besserr, meinen die Forscher, nicht ständig zwischen Schwerelosigkeit und den Kräften der Erdanziehung zu wechseln. Wolfgang Löhr