Dem Cavaliere zu Diensten

Italiens Regierung ermöglicht Medienmogul Silvio Berlusconi weitere Expansion. Beeinflussen Geheimlogen die Regierungsarbeit?  ■ Aus Rom Werner Raith

Daß man von dem Mann nicht viel Gutes erwarten kann, raunten sich Insider schon lange zu – und wie es scheint, wird Italiens Postminister Antonio Maccanico, zuständig auch fürs Fernsehen, seiner Fama schnell gerecht: Mit einem Mediengesetz, das dem Privatfernsehmogul Silvio Berlusconi nicht nur weit entgegenkommt, sondern ihn auch zu weiterer Expansion ermuntert. Und mit ständigen Querschüssen gegen die eigene Regierung sucht Maccanico schön machiavellistisch gleich in den ersten Wochen seiner Ministertätigkeit Fakten zu setzen.

Maccanico, der Anfang des Jahres schon Ministerpräsident hätte werden sollen und bei den einschlägigen Verhandlungen viel mit Berlusconi gekungelt hatte (damals stoppte ihn die Nationale Allianz), hat so ziemlich alles aus dem Weg geräumt, was „Cavaliere“ Berlusconi (Ritter der Arbeit — ein vom Staatspräsidenten verliehener Titel) hätte betrüben können: Ersatzlos gestrichen wurde die Klausel über mögliche Interessenkonflikte, wenn ein Medienherrscher in die Politik einsteigt; die maximale Haltequote für einen einzelnen Unternehmer wurde bei 20 Prozent der gesamten Umsätze des Kommunikationsmarktes festgeschrieben, wozu auch Zeitungen, Zeitschriften und sonstige Kommunikationserzeugnisse zählen. Auf das Zehntelprozent genau das, was Berlusconi bereits besitzt; auch die Quotenlimits wurden so ausgelegt, daß Berlusconi keine Einbußen hat: Zwar darf er nur bis zu 30 Prozent der nationalen Einschaltquoten beherrschen – er liegt derzeit bei 35 –, aber die Einschränkung gilt nur für terrestrische Frequenzen. Und so braucht Berlusconi nur einen seiner drei Kanäle Italia 1, Retequattro und Canale 5 auf den Satelliten zu verlegen (was er ohnehin vorhatte), und schon ist alles wieder paletti.

Sogar ein Urteil des Verfassungsgerichts hebelt das neue Gesetz aus: Das oberste Gericht hatte festgelegt, daß jeder, der mehr als 25 Prozent der nationalweit ausstrahlenden Fernsehsender besitzt, bis zum 31. Dezember auf diese Quote herunterkommen muß – Maccanico hat nun eigenmächtig ein weiteres Jahr für Berlusconi dazugemogelt. Erst bis Ende 97 soll er einen seiner drei Kanäle abgeben. Wenn überhaupt, denn das Gesetz läßt auch eine weitere Deutung offen: So streuen Berlusconis Manager bereits, daß in Italien ja nicht nur die drei Berlusconi- und die drei staatlichen RAI-Sender funken, sondern auch viele andere, von denen sich mehrere zu Netzen zusammengeschlossen hätten, die gemeinsam Filme oder Talkshows einkaufen oder gar produzieren – also im rechten Sinne „nationale Vollsender“ seien. Da kommt man leicht auf 12, vielleicht sogar auf 15 – ergo sei Berlusconi mit seinen dreien absolut im Limit geblieben.

Auch die Überwachungsbehörde, die nun eingeführt werden soll und den machtlosen bisherigen „Garanten fürs Kommunikationswesen“ ablöst, ist eine typische Maccanico-Schlitzohrigkeit: Die Mitglieder dieses Gremiums sollen nämlich aus dem Parlament gewählt werden – womit automatisch auch Vertreter der Berlusconi- Partei Forza Italia zur Überwachung der Medientätigkeiten ihres Chefs bestimmt werden.

Und damit gar nichts schiefgehen kann, hat Maccanico auch noch die bisher geltende Bestimmung getilgt, wonach die Übergabe von Eigentumsanteilen an Strohmänner verboten war. Berlusconi etwa hatte seine Tageszeitung Il Giornale einfach seinem Bruder überschrieben. Der Pay- TV-Sender Telepiu, an dem neben Berlusconi auch Leo Kirch beteiligt ist, ist derzeit Gegenstand eines Strafverfahrens gegen den ehemaligen italienischen Premier: Berlusconi-Manager Alfredo Messina sagte unter Eid aus, daß die Gelder, die die Kirch-Gruppe ab 1991 bei Telepiu investierte, von Berlusconis Fininvest stammten.

Maccanico, mehr als ein Jahrzehnt einer der bestimmenden Männer im Amt des Staatspräsidenten, weiß nur zu genau, daß sein Entwurf im Kabinett Widerstand erfahren würde: Und so bereitete er den Boden systematisch durch öffentliche Querelen mit seinem Chef vor. Als Romano Prodi in la Repubblica gerade die Geschlossenheit seiner Regierung und seine eigene Führungsstärke rühmte, platzte Maccanico noch am selben Tag mit einem Gegeninterview im Corriere Della Serra heraus, in dem er erklärte, „ohne eine Verständigung mit Berlusconi in den Grundzügen der Politik“ werde die Regierung schon bald ins Chaos versinken. Abstand von weiteren Invektiven dieser Art, so ein Kabinettsmitglied zur taz, habe er dann „vom Wohlverhalten der Regierung in Sachen Mediengesetz“ abhängig gemacht. Das Kabinett hat denn brav auch nahezu alle Artikel des Entwurfs gutgeheißen und verabschiedet.

Maccanicos Willfährigkeit gegenüber Berlusconi weckt natürlich die Neugier der Politauguren. Manche sehen dahinter „den Schatten Massimo D'Alemas“ – Chef der Linksdemokraten, der Mehrheitspartei in der regierenden Koaltion. Den verdächtigen viele, im Grunde die Macht im Staate gemeinsam mit Berlusconi an sich reißen zu wollen; und daß der schillernde Maccanico dem machtbewußten D'Alema mehr zusagt als der geradlinige Prodi, ist kein Geheimnis.

Andere Beobachter verweisen auf ein noch gefährlicheres, weil verdecktes Geflecht, dessen Teil Maccanico sein könnte: Italiens Geheimlogen. Einige von ihnen hatten schon in den 70er Jahren versucht, die Medien- und politische Macht an sich zu reißen. Berlusconi gehörte damals der 1981 aufgeflogenen Loge „Propaganda 2“ (P2) an, in der sich so ziemlich alle rechtslastigen Entscheidungsträger, von den Geheimdienst- und Polizeichefs über den Generalstab des Heeres bis zu Ministern, Staatssekretären, Finanziers, Journalisten und Medienzaren zusammengetan hatten. Maccanico, so raunen viele, sei zwar kein „P2-Mann“, doch einer der Freimaurerlogen, aus denen die P2 hervorgegangen ist, gehöre er wohl an.