Grüne wollen golfen

■ Schwarz-grüne Mehrheit will riesige Golfanlage in Achim/ Naturschutz protestiert

Eine außergewöhnliche Koalition unterstützt im rot-grün regierten Achimer Stadtrat den Bau des Golfplatzes „Steller Berg“: Geschlossen stimmten die Grünen mit der Opposition aus CDU, FDP, Wählergemeinschaft und einer Bürgerliste für die Anlage. Lediglich die SPD stellt sich gegen den mit 120 Hektar größten Sportpark Deutschlands. Nach dem Grundsatzbeschluß des Stadtrats vom 14.12.95 ist nun auch die Stellungnahme zum Raumordnungsverfahren zustimmend ausgefallen.

„Damit stellen sich die Achimer Grünen gegen alle Naturschutzverbände, die das Projekt einhellig ablehnen“, bedauert Bernd Quellmalz vom Naturschutzbund (NABU) Bremen die Entscheidung. In der Agrarlandschaft mit Ackerflächen, Grünland, Hecken und Wäldern habe der NABU seit 1976 85 Brutvogelarten, 20 Gastvogel- und 23 Durchzüglerarten nachgewiesen. „Allein 37 der festgestellten Vogelarten sind in der Roten Liste der bedrohten Tierarten aufgeführt“, gibt der Diplom-Biologe zu bedenken. Gutachten zur Landschaftsökologie und über die Vogelfauna des Gebietes am Steller Berg bestätigten dessen hohen ökologischen Wert.

Ganz anders schätzen die Grünen im Achimer Stadtrat die Auswirkungen einer Umwandlung des Agrarlandes in einen Golfpark ein. Gerhard Steinwede, der wie seine drei Fraktionskollegen für den Bau des Platzes eintritt, erwartet sogar eine ökologische Aufwertung der Landschaft. Gegenüber der landwirtschaftlichen Nutzung sei eine Verbesserung der Wasserqualität durch eine erhebliche Reduzierung der Düngung und das Verbot von Pestizideinsatz zu erwarten. „In verschiedenen Verfahren wird das sichergestellt.“ Weitere Bedingungen, die die Grünen für ihre Zustimmung gestellt haben, sind eine extensive Nutzung auf zwei Dritteln des Arreals, „die Anpflanzung von über zehn Hektar neuem Wald“ sowie eine „Dokumentation des Artenstandes heute und der Artenentwicklung im Abstand von 5 und 10 Jahren nach Inbetriebnahme“.

„Was haben wir von einem Monitoring der Artenentwicklung, wenn der Golfplatz bereits steht?“ fragt Bernd Quellmalz und gibt selbst die Antwort: „Wenn wir in fünf Jahren feststellen, daß durch den Verkehr und den Golfbetrieb die bedrohten Vogelarten verschwunden sind, ist es zu spät.“ Geschützte Bereiche innerhalb des Platzes seien für den Erhalt vieler gefährdeter Arten nicht ausreichend. Sie würden durch die GolfspielerInnen, das Mähen und Walzen der Grünflächen und den zu erwartenden Autoverkehr zu sehr gestört und würden das Gebiet verlassen. „Amsel, Drossel, Fink und Star“, häufig vorkommende Parkvögel, würden stattdessen Einzug halten in die aufgestylte Sportanlage. „Die Golfer werden den Eindruck unberührter Natur erhalten, die schützenswerten Arten jedoch werden aussterben.“

Der Verzicht auf Dünger und Pestizide sei darüber hinaus völlig illusionär. Gerade auf der eigentlichen Spielfläche sei durch die hohe Beanspruchung ein immenser Chemieeinsatz zu erwarten.

Das bestätigen im übrigen auch die Richtlinien des Deutschen Golfverbandes. Dieser empfiehlt den Einsatz von 300 bis 400 Kilogramm Stickstoffdünger pro Hektar und zumindest für die „Tees“, „Greens“ und „Fairways“, wie die Start- und Zielbereiche von den GolferInnen genannt werden, auch einen erheblichen Aufwand an Pflanzenschutzmitteln. Der Naturschutzbund hält die Bedingungen des Stadtrates für wenig hilfreich: Wenn der Golfplatz einmal fertig sei, würde der Betrieb sicherlich nicht wegen des Pestizideinsatzes oder des Aussterbens einiger Vogelarten wieder eingestellt. sg

Siehe auch nebenstehenden Bericht: „ Geschäft Golfplatz“.