„Afrika war nur ein kleines Wort für einen großen Kontinent“

■ Gestern begann im Hafen von Gröpelingen ein deutsch-afrikanischer Kunstworkshop / Jeder kann mitmachen

Das Gelände rings um den Gröpelinger Hafen scheint bei Sonnenschein noch eine Spur trister zu werden als sonst: grau versiegelte Flächen, Parkplätze, Industrie und ihre Ruinen. Alles Fassade! Dahinter gedeihen in Wahrheit Kunst und Kultur.

Nur ein paar hundert Meter vom Lichthaus entfernt liegen versteckt an der Kap-Horn-Straße die „Ateliers Gröpelingen“. Etwa 30 KünstlerInnen haben in der ehemaligen Wein Im- und -Exportfirma ein neues Domizil gefunden, das nicht ausschließlich das Eigene beherbergen soll. So eröffneten gestern die drei Bremer KünstlerInnen Klaudia Kankel, Stephan Winkler und Kerstin Scholtz in einer der Lagerhallen das „Zweite afrikanisch-deutsche Kunstprojekt“. Im Rahmen eines zweiwöchigen Workshops werden hier Menschen deutscher und afrikanischer Herkunft gemeinsam künstlerisch arbeiten.

Mit diesem Projekt setzten Klaudia Kandel und Stephan Winkler in Bremen eine Idee um, von der sie selbst bereits in Polen profitiert hatten. Als Gäste zweier Arbeitstreffen internationaler KünstlerInnen genossen sie den gegenseitigen Austausch, die Gespräche und Anregungen, die das Fremde auf eindringliche und vielfältige Art nahebrachten. Darauf wollen sie nicht mehr verzichten. Doch warum Afrika?

Ausschlaggebend war die Neugier. „Wir wußten nichts von Afrika“, erklärt die Malerin Klaudia Kandel. „Afrika war nur ein Wort, ein kleines Wort für einen großen Kontinent.“ Das aber sollte sich schnell ändern. Schon beim ersten Workshop, der im vergangenen Jahr täglich von bis zu zwanzig Menschen aus Togo, Ghana, Nigeria, Marokko und Deutschland besucht wurde, ergab sich durch die gemeinsame Arbeit eine intensive Auseinandersetzung mit dem unbekannten Kontinent. „Je mehr ich darüber weiß, umso deutlicher wird mir seine Größe“, bemerkt Klaudia Kandel. Die Wahrnehmung der unterschiedlichen Kulturen Afrikas werde immer differenzierter. „Für mich hat sich da eine ganz neue Welt geöffnet.“

Aus diesem Grunde entschlossen sich Klaudia Kandel und Stephan Winkler, das Projekt in diesem Jahr fortzusetzen, obwohl der Senat nur eine geringe Förderung bewilligte. Das Gros der Arbeit erfolgt somit ehrenamtlich. Doch jetzt ist man immerhin zu dritt. Die Videokünstlerin Kerstin Scholtz, im Vorjahr zunächst noch begeisterte Besucherin, stellt ihre Zeit und Können mit zur Verfügung.

Gemeinsam entwickelten die drei BremerInnen ein neues Konzept für den Workshop, der dieses Mal unter einem bestimmten Thema steht: „Diary“ lautet der Begriff, mit dem sich die BesucherInnen vornehmlich beschäftigen werden. Alle sind aufgefordert, eine Art Tagebuch zu erstellen, schreibend oder malend. Außerdem wurden zwei Projekte vorbereitet, an denen alle TeilnehmerInnen nacheinander mitwirken können. Sie thematisieren ebenfalls die drei Zeitsäulen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. So wird garantiert, daß die Werke, die auch in diesem Jahr zu einer Ausstellung zusammengefaßt werden, einen gemeinsamen Bezugsrahmen haben.

Ob Profikünstler oder Laie, am „Diary“ darf jeder mitmachen. Die Werkstatt ist täglich von morgens 11 bis mindestens 18 Uhr geöffnet. Die Teilnahme ist kostenlos. dah