Von Pommes statt von Liebe

■ Das Gesamtwerk von Z.K. endlich auf CD/Bremens Beinah-Tote-Hose erzählt

„Was gewesen wäre, wenn ich auch eine Tote Hose geworden wäre? Schön wär das gewesen, klar. Geld und Erfolg und so.“ Einen Moment lang wird Fabsi, Chef des Bremer Weserlabels unsicher, denn die Chance war wirklich da. Damals in Düsseldorf, als er mit Kuddel, Andi und Campino eine Punkband hatte: Z.K.

1981 löste sich die drei Jahre zuvor gegründete Punk-Kapelle auf. Fabsi gründete die Mimmis und zog zur Freundin Elli nach Bremen. DerRest gründete eine Gruppe, die heute jeder kennt: die Toten Hosen. Doch von Neid ist hier in Walle nichts zu merken. Im Gegenteil: dank Fabsi ist das gesamte Schaffen der alten Z.K. auf zwei CD's erhältlich.

Ein Stück Geschichte hat der umtriebige Altpunk ausgegraben und in liebevoller Kleinarbeit der Zuhörerschaft erneut zugänglich gemacht. „Das war drei Jahre Detektivarbeit“, schnauft Fabsi. „Erst mal rausfinden, wer noch die alten Tapes von unserer LP hat.“ Im Keller eines alten Düsseldorfer Punkproduzenten wurden Fabsi und Hosen-Sänger Campino fündig. Dann alte Konzertplakate ausgraben, Fotos zusammensuchen. Doch der plötzliche Selbstmord von Fabsis Mutter warf das Projekt weit zurück. „Danach konnten Cämpi und ich uns erst mal nicht mehr damit weiter beschäftigen. Da stimmte das ,feeling' nicht“, erklärt Fabsi. Schließlich hatte die Mama die Jungs auf Konzerte begleitet, Lebkuchenpunker gebacken und bereitwillig jeden Ulk für die legendären Plattencover mitgemacht.

Doch die ständigen Anfragen nach dem alten Düsseldorfer Stoff und das Entsetzen über die Preise, die die alten Z.K.–Tonträger auf Plattenbörsen erzielten, machten die Fertigstellung der Werksausgabe zur Pflicht. Fabsi: „Ich kann das nicht hören, wenn mir so ein Kid erzählt, daß er gerne unsere erste Single hätte, aber dafür keine 100 Mark abdrücken will.“

Tatsächlich fährt man mit der Gesamtausgabe, die den ausdrücklichen Segen aller alten Z.K-Recken trägt, deutlich besser. Hier sind sämtliche Lieder versammelt, die die Band je aufgenommen hat. Mehr als drei Dutzend Mal holpert das Schlagzeug los, zupfen die Gitarren schüchtern süße, simple Melodien oder brettern billig verzerrt im Einklang mit dem Rumpelbass. Nicht einmal Campinos pubertierendes Organ klingt wie auf den Goldenen Schallplatten der Hosen. Und statt über die Liebe wird über Pommes gesungen. Aber Z.K. waren von der Straße, ziemlich wild und damit unter den ersten in ganz Deutschland. Da tröstet der Kultfaktor, und bei soviel Energie erübrigt sich Raffinesse.

Nun, da das gute Stück fertig ist, freut sich Fabsi denn auch bärig. Gern badet er in Erinnerungen an die coole Zeit vor dem geordneten Leben. Ans Punkwerden, und wie er beim Rockfestival in Scheeßel, wo die Bühne in Flammen aufging, mitrandaliert hat. „Mein Vater hat ein Bild davon in der Zeitung gesehen, ich im Parka am Zerkloppen auf der Bühne. Mann, gab das Ärger.“ Immerhin: der rebellische Fabsi war mit seinen 18 Jahren noch der Aufgeräumteste in dem irren Hühnerhaufen. „Campino war ja erst 15. Und ich hatte als einziger einen Lappen. Sein Alter hat immer gesagt, wenn wir zum Konzert fuhren, daß der Cämpi um eins wieder zu Hause ist. Sonst wär das das letzte Mal, daß der mit darf.“

Den Punk Fabsi sieht man Claus Fabian, dem Geschäftsmann des mittelständischen Unternehmens Weserlabel heute nicht mehr an. Fabsi ist Vater geworden, trinkt Tee, hat sieben Angestellte und schimpft, daß mit den Praktikanten von heute nichts los sei. Aber nicht alle sind dabei so zufrieden wie Fabsi: „Ich bin mit meinem Leben sehr zufrieden, hab' viele tolle Leute getroffen. Da kann ich mich über Z.K. freuen, ohne irgendwas zu bereuen. Wenn ich bei den Hosen wäre, gäbe es doch diesen ganzen Laden nicht.“ Und schließlich: nur weil der Altpunk die Kurve vom arbeitslosen Medizintechnik-Vertreter zum Labelgründer gekriegt hat, können heute alle den Kultstoff hören. Und nicht nur reiche Plattensammler.

Lars Reppesgaard

Die Z.K.-CD „Auf der Suche nach dem heiligen Gral“ Sammelband 1 - die Werke von 1978-82“ ist bei Weserlable (Tel.: 386370) erhältlich.