■ Das Portrait
: Die Überragende Ghada Shaw'a

Ghada Shaw'a ist die erste Syrerin, die bei Olympischen Spielen eine Goldmedaille gewinnt. Ganz unerwartet war der Sieg im Siebenkampf der Frauen nicht, hatte die 23jährige doch schon bei der Weltmeisterschaft in Göteborg die Konkurrenz düpiert.

In Syrien ist Ghada Shaw'a eine Volksheldin. „Ich bin stolz, zu den Sportlern zu gehören, die mit ihren Leistungen dazu beitragen, daß sich der Sport in der arabischen Welt verbreitet“, sagte sie nach ihrem Olympiasieg. Und das ist für den Frauensport in einem arabischen Land nicht selbstverständlich.

Als Christin hat sie unter dem antifundamentalistisch ausgerichteten Regime des syrischen Staatspräsidenten Hafez al-Assad wegen ihrer sportlichen Aktivitäten ohnehin keine Diskriminierung zu fürchten. Wirbel wie um die Teilnahme verschleierter iranischer Sportlerinnen gab es deshalb um die Syrerin nicht. Und sie wird nach ihrer Heimkehr auch nicht von übereifrigen Islamisten mit dem Tode bedroht werden wie etwa Hassiba Boulmerka, die 1991 Weltmeisterin und 1992 Olympiasiegerin über die 1.500 Meter Distanz wurde und heute im Exil lebt.

„Die Syrer lieben ihre Sportler und sind stolz auf sie. Ich bin sehr populär und steche aus der Menge heraus“, sagt Ghada Shaw'a selbstbewußt. Der Präsident des syrischen Leichtathletik- Verbandes, Mouwafak Joumaa, nennt sie schlicht die „zweitwichtigste Person nach dem Präsidenten“. Für das international nicht gerade angesehene syrische Regime ist die frischgekürte Olympiasiegerin ein besonders willkommenes Aushängeschild. Und in dieser Rolle scheint sie sich nicht einmal unwohl zu fühlen. Die Vorzeigeathletin vergißt nämlich nicht, sich artig beim Verband und bei der Regierung für die Unterstützung im „Training und in der Lebensorganisation“ zu bedanken. Besonders stolz sei sie über den Glückwunsch des Präsidenten zum WM-Gewinn gewesen. Solche Glückwünsche schaffen Wohlstand. Schon vor ihrem Olympiasieg erhielt sie vom Staat ein Haus in Damaskus und ein Auto.

Noch hält ihre härteste Konkurrentin, Jackie Joyner-Kersee, den Weltrekord. Doch das muß nicht mehr lange so sein. „Ich werde trainieren und angreifen“, versprach Ghada Shaw'a. Zum Ruhme Syriens und der arabischen Nation, darf man wohl annehmen. pj/gb