Werften in Zwietracht

■ EU eröffnet Verfahren gegen Vulkan und genehmigt Hilfen für Schichau-Seebeck / Soll Mc Kinsey prüfen?

Durchwachsene Nachrichten aus Brüssel für die bankrotten Werften des ehemaligen Vulkan-Verbundes: Während die EU-Kommission für Schichau-Seebeck (SSW) in Bremerhaven den Daumen hob und den Weg zum Bau zweier Fährschiffe freimachte, müssen die Vulkanesen in Vegesack weiter bangen, ob die europäischen Wettbewerbshüter den staatlichen Beihilfen für ihre beiden Containerschiff-Neubauten zustimmt. Die EU eröffnete ein Verfahren gegen den Vulkan wegen des Verdachts überhöhter staatlicher Beihilfen.

Wie unterdessen zu hören war, verhandeln die Konkursverwalter mit den Unternehmensberatern von McKinsey. Ihr möglicher Auftrag: Zu prüfen, ob die Werften eher jede für sich oder eher im Unterweser-Verbund überlebensfähig sind.

In Bremerhaven ist nach dem O.K. der EU nun der Weg frei für den Bau von zwei Fährschiffen für die tunesische Reederei Cotunav im Wert von 213 Millionen Mark. Die EU geht davon aus, daß zur Finanzierung der Neubauten keine Mittel verwendet werden, die ursprünglich für Ostdeutschland bestimmt gewesen seien.

Weniger wohlwollend blickt die Kommission auf den Vulkan: Die beiden Schiffe für die Conti-Reederei, für die der Vulkan 140 Millionen Mark erlösen will, würden mit Verlust gebaut, so die Kommission. Das Minus könne je nach Kalkulation zwischen 10 und 33 Millionen Mark liegen. Ein ursprünglich von Bremen gestellter Antrag, die Verluste in Höhe von 20 Millionen Mark verbürgen zu dürfen, war zurückgezogen worden. Bremen hatte mit dem Rückzug des nicht ausgegorenen Antrages bei der EU mal wieder einen schlechten Eindruck hinterlassen. Nun will Konkursverwalter Wellensiek die Verluste aus der Konkursmasse tragen - vorausgesetzt, die Gläubiger stimmen zu.

Das Land Bremen will die Bauzeit der Containerschiffe finanzieren. Die Höhe dieser Garantien ist für die Kommission jedoch nicht akzeptabel, da so 100 Prozent der An- und Zwischenfinanzierung und damit das gesamte Risiko des Reeders vom Land übernommen werden soll. Die EU verlangt von der Bundesregierung nun weitere Informationen über die Bauzeitgarantien, die Kalkulation des Auftrages, die geplante Abdeckung des Verlustes aus der Konkursmasse und die Planungen zum Kapazitätsabbau in Vegesack.

Schiffbau-Experte Heiner Heseler kann sich indessen ebensowenig wie die Betriebsräte vorstellen, daß die staatlichen Hilfen insgesamt über den nach der 7. Europäischen Schiffbaurichtlinie zulässigen Subventionen von neun Prozent des Auftragswertes liegen.

Auch wenn die EU dem Vulkan mit einer Verweigerung der Staatshilfen doch nicht den endgültigen Todesstoß versetzen sollte: Für Heseler ist nach wie vor unklar, wie der Vulkan langfristig aus der Verlustzone kommen will. „Ich sehe sehr wenige positive Zeichen für eine Rationalisierung“, so der Professor. Auch ein neuer Eigentümer, der auf den Werften investiert, sei nicht in Sicht. Obwohl der Passagierschiff-Bauer SSW bessere Marktchancen habe als der Vulkan mit seinen Container-Schiffen: „Die Anlagen bei Schichau sind noch veralteter als beim Vulkan“, weiß Heseler.

Der mögliche Prüfauftrag an McKinsey, ob nun jede Werft allein wirtschaften sollte, oder ob es sinnvoller wäre, sich zusammenzuschließen, macht die Kluft zwischen den ehemaligen Verbund-Partnern deutlich. Zwischen den Belegschaften und Betriebsräten herrscht inzwischen blankes Mißtrauen. „Die Bremerhavener beschuldigen uns öffentlich, wir würden Schichau-Seebeck kaputtmachen“, klagt ein Vegesacker Betriebsrat. „Im Moment versucht nur jeder seinen eigenen Arsch zu retten“. Dagegen sei man doch beim Vulkan nach wie vor von einem gemeinsamen Unterweser-Konzept überzeugt. Indessen versucht man es aber auch in Vegesack im Alleingang: Auch ohne Zustimmung der EU zur Finanzierung arbeiten bereits 350 Vulkanesen an dem Containerschiff 110. Die Lübecker Flender-Werft hat bereits Teile des Hinterschiffs geliefert. Wie es beim Vulkan hieß, tröpfelten langsam auch die Leute aus der Beschäftigungsgesellschaft Mypegasus, wo sie vorübergehend Kurzarbeit Null erleben mußten, an ihren Werft-Arbeitsplatz zurück.

jof