piwik no script img

■ QuerspalteSchule der Liebe

Kleine Anfrage, große Aufregung: Deutsche Soldaten dürfen in der Kaserne – sofern es niemand stört und sie sich auf einem Auslandseinsatz zusammen mit Soldatinnen befinden – nicht nur von Liebe reden. Sam und Sally tun es in den USA schon seit langem: Jetzt dürfen auch Fritz und Heidi. Mörder freit Mörderin sozusagen, oder Bürger und Bürgerinnen in Uniform üben sexuelles Selbstbestimmungsrecht aus – je nach Sichtweise.

Dies ist seit der Einführung des Haarnetzes in der holländischen Armee die wohl umwerfendste Neuerung in der europäischen Militärgeschichte des 20. Jahrhunderts. Nicht etwa, daß unter der Laterne vor dem großen Tor Sex bisher kein Thema gewesen wäre. Aber bislang beschränkte sich die militärische Führung in diesem sensiblen Kampfbereich auf das Zulassen von Pin-up-Girls in den Spinden der Soldaten.

Die Bundeswehr, erst Schule der Nation, jetzt also auch noch Schule der Liebe! Der Obergefreite weiß nun endlich, warum er so heißt, und Herr Oberst liegen auf dem Feldbett in Zukunft auch mal zuunterst. (Unmöglich, bei diesem Thema nicht schlüpfrig zu werden.)

Zurück zum Ernst. Noch behindert die fehlende Wehrpflicht für Frauen die sexuelle Selbstbestimmung. Aber die will Rühe ja noch einführen und vielleicht auch noch das Einzelzimmer. Der Soldat, der endlich eine Soldatin gefunden hat, weiß ja deswegen noch immer nicht, wohin mit ihr, weshalb Frau Schreinemakers für diesen Herbst schon eine Sendung plant: „Ich tat's im Schützenpanzer“.

Die älteren Wehrmachtsjahrgänge (1939 bis 1945) muß diese Nachricht irritieren. Sie durften ihr sexuelles Selbstbestimmungsrecht bei ihren Auslandseinsätzen allenfalls an der weiblichen Zivilbevölkerung ausüben. Psychologisch gesehen ist ihre Kritik völlig berechtigt. Die neue Regelung bedeutet das Ende jeder ernstzunehmenden Kampfbereitschaft. Denn wenn ein voller Bauch schon nicht gerne studiert, warum sollte dann erst ein fröhlicher Schwanz noch gerne schießen? Philipp Maußhardt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen