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Biedenkopf legt sich mit der EU an

■ Sachsens Ministerpräsident hat rechtswidrig 90 Millionen Mark Subventionen für zwei VW-Werke überwiesen – Bonn war informiert. In Brüssel will man alle Hebel in Bewegung setzen, damit das Geld zurückgezahlt wird

Brüssel/Berlin (taz) – Kurt Biedenkopf will es wissen. Der Ministerpräsident von Sachsen (CDU) hat 90 Millionen Mark an die Volkswagen-Werke Chemnitz und Mosel ausgezahlt, obwohl die EU-Kommission dies aus wettbewerbsrechtlichen Gründen verboten hatte. Insgesamt hat der Automobilkonzern in den vergangenen Tagen für 1996 von Sachsen 141,9 Millionen Mark Subventionen bekommen. EU-Kommissionspräsident Jacques Santer und Wettbewerbskommissar Karel van Miert haben gestern der Bundesregierung und Biedenkopf angekündigt, alle rechtlichen Mittel auszuschöpfen, damit das Geld zurückgezahlt wird. Notfalls werde man eine einstweilige Verfügung beim Europäischen Gerichtshof erwirken, sagte ein Sprecher der EU-Kommission. Es sei das erste Mal, daß ein Land sich einer derart „flagranten Verletzung der europäischen Wettbewerbsregeln“ schuldig mache. In den beiden Werken bauen 20.000 Beschäftigte den VW-Golf sowie Motoren.

Auch die Bundesregierung „mißbilligt den rechtlichen Verstoß gegen den EG- Vertrag“, hieß es gestern aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Biedenkopfs Beihilfen seien mit ihr nicht abgestimmt, dennoch habe man „mit zeitlichem Vorlauf davon gewußt“, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums zur taz. Die Bonner Regierung selbst feilscht seit Anfang Juli mit der EU um Investitionsbeihilfen für Ostdeutschland, die nach Meinung von Santer und van Miert nicht EU-konform sind. Biedenkopfs Alleingang kann ihr daher erheblich schaden. „Man hätte den Dialog mit der Kommission fortsetzen sollen“, sagte die Sprecherin.

„Nicht ohne Bauchschmerzen“ sieht die sächsische PDS-Fraktion dem Treiben von Ministerpräsident Biedenkopf zu. Es sei „nicht falsch, gegen die EU“ etwas zu unternehmen, sagte Hendrik Thalheim, Sprecher der PDS-Fraktion im sächsischen Landtag. Immerhin habe Biedenkopf so über 20.000 Arbeitsplätze gerettet. Doch langfristig bringe die Subventionierung der Großindustrie für Sachsen nichts. „Der sächsische Mittelstand müßte viel mehr gefördert werden“, so Thalheim. Das sächsische Wirtschaftsministerium wollte sich gestern nicht zu den Protesten aus Brüssel äußern. Um Härte zu demonstrieren, hat Biedenkopf zudem eine Klage beim Europäischen Gerichtshof gegen die EU-Kommission angekündigt. Er setzt auf Zeit. Bis zu einer Entscheidung können Jahre vergehen.

Die Europäische Kommission hatte vor drei Wochen Subventionen in Höhe von 540 Millionen Mark für die sächsischen VW-Werke in Mosel und Chemnitz genehmigt. Der größte Teil davon ist bereits ausgezahlt und verbaut. VW forderte daraufhin von den Regierungen in Bonn und Dresden weitere 240 Millionen Mark für das Werk Mosel. Diese seien nicht gerechtfertigt, entschied die EU-Kommission, da es sich um eine Erweiterung bereits bestehender Werke handle und nicht um eine Neuinvestition.

„Die wollen zweimal für dasselbe kassieren“, wetterte Karel van Miert. Einen Tag nach dieser Entscheidung zog VW die Bauarbeiterkolonnen von den Werken ab und drohte, in der Slowakei und in Ungarn zu investieren. Rund 1.000 zusätzliche Arbeitsplätze würden dann in der Region wegfallen. Alois Berger/Ulrike Fokken

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