„Olympia ist nicht nur Sport“

Die Erwartungen der Volleyballerin Susanne Lahme an Atlanta haben sich erfüllt – obwohl die Deutschen nach Viertelfinal-0:3 gegen China ausgeschieden sind  ■ Von Matti Lieske

Atlanta (taz) – Der Volleyballspielerin Susanne Lahme hat es in Atlanta gut gefallen. „Klar, wenn wir heute gewonnen hätten, würde es noch mehr Spaß machen“, sagte sie nach der 0:3-Niederlage im Viertelfinale gegen China. Grundsätzlich aber sei die Stimmung bei Olympia nicht davon abhängig, wie das nächste Spiel ausgehe.

„Olympische Spiele sind ein Erlebnis für jeden Sportler“, findet die 27jährige, „sie haben einen ganz anderen Stellenwert, man kann Leute von anderen Sportarten treffen.“ Viel Zeit hätten die Spielerinnen zwar nicht gehabt, um volleyballfremden Aktivitäten nachzugehen, doch die Kritik einiger anderer Olympioniken am nationalistischen Publikum, dem Mangel an Zerstreuungsmöglichkeiten und der Situation der AthletInnen teilt Lahme nicht. „Gut, wir hatten das Glück, nicht gegen die Amerikanerinnen spielen zu müssen, aber zu uns waren die Zuschauer immer sehr fair.“ Dies war auch am Dienstag abend gegen die Chinesinnen so, als es bei jedem der relativ seltenen deutschen Punkte lautstarken Applaus gab.

Im Olympischen Dorf sei es auszuhalten, findet Susanne Lahme, und manchmal komme man ja auch raus. Einmal ging das ganze Team ins Kabarett, und „wir waren beim Basketball, Wasserball und Handball“. Die Kartenbeschaffung sei kein großes Problem gewesen: „Manchmal gibt es welche, manchmal gibt es keine.“

Wie viele Sportlerinnen und Sportler besucht auch Susanne Lahme gern das Deutsche Haus, das vor allem abends als Kommunikationszentrum fungiert. Leise Kritik des Bundestrainers Siegfried Köhler an ihrem Tatendrang außerhalb des Volleyballfeldes weist sie zurück: „Olympische Spiele bestehen nicht nur aus Sport wie ein normales Turnier. Man kann die Spielerinnen nicht festbinden.“ Und die seien eben verschieden: „Eine bleibt im Zimmer, die andere geht raus, um andere Leute zu sehen.“

Susanne Lahme zählt sich natürlich zu der abenteuerlustigen Sorte, was sich auch in ihrer Karriere widerspiegelt. Nach drei Jahren bei Matera in Italien wechselt sie jetzt zum brasilianischen Klubweltmeister Campinas, wo sie mindestens bis zum Ende der Saison im nächsten April die Bälle dreschen wird. Gründe für den Wechsel sind „sicher finanzielle, aber auch der Wunsch, mal wieder etwas anderes kennenzulernen.“ Volleyball ist in Brasilien sehr populär, „die Hallen sind gut besucht, es ist mit Sicherheit noch mal eine Steigerung.“ Ihre Portugiesischkenntnisse bisher: „Nada“. Daß sie wegen ihres auffallenden Blondhaars quasi als Exotin verpflichtet worden sei, weist sie von sich: „Man wird dafür bezahlt, daß man gut spielt, nicht dafür, daß man gut aussieht.“

Gut gespielt hat das Team trotz des klaren 12:15, 8:15, 8:15 nach Auffassung von Siegfried Köhler gegen China, das jedoch eine „großartige Vorstellung“ geboten habe. Zwar hätte man sich schon eine Chance ausgerechnet, meinte Nancy Celis, aber mit dem verpaßten Halbfinale kann die Angreiferin ebenso leben wie der Bundestrainer und Susanne Lahme. „Unser Ziel war von vornherein Platz 5 bis 8“, sagt Köhler, und die Spielerin ergänzt: „Mehr war mit dieser Mannschaft nicht drin.“

Wegen Verletzungen habe man vor Olympia kaum in der Stammbesetzung zusammenspielen können, deshalb fehlte zum Teil die Abstimmung. Zudem war die letzte Vorbereitungsphase mit Spielen gegen Polen und Tschechien nach Meinung von Lahme keineswegs optimal, aber andere Gegnerinnen seien nicht zu bekommen gewesen. „Bei einem Trainingslager mit Spielen gegen Männermannschaften wäre sicher mehr rausgekommen.“

Trainerinnen sind eine große Seltenheit im Volleyballgeschäft, Lang Ping ist eine. Sie hatte die Chinesinnen perfekt eingestellt. Vor allem im Angriff war kaum ein Durchkommen. „Die trainieren sehr viel“, weiß Lahme, „sind ballsicher und machen kaum Fehler.“

Die Plazierungsspiele könnten ihre letzten Länderspiele werden. „Gerade nach Olympia hat man vier Jahre Zeit für einen Neuaufbau“, findet sie, „im Moment ist eine Phase, wo junge Spielerinnen nachkommen sollten.“ Sie selbst hat bisher 228mal international gespielt und sagt: „Ich rechne damit, nicht mehr weiterzumachen.“