Der taz-Sommerroman: "Dumm gelaufen" - Teil 17

Und dann machte Glatter brummbrumm (Motor- und Fahrgeräusche) mit dem Suzuki, und quietschquietsch (Bremslaute und Kurvenfahrten) und auch ööhööh (Warnung; Signale geben). Poller stieg sofort mit ein. Er konnte unheimlich gut äääääääähmmmmmm (Gaspedal betätigen) und auch rrrrrt (Schalthebel und Kupplung) sogar prrrrchch (Schwerer Verkehrsunfall) machen. Im Bedienen von Spielzeugautos waren Glatter und Poller ein Herz und eine Seele. Schon sagte der erste kleine Junge: Geil, das ist Vorsprung durch Technik! So baut man Jeeps, Mann! meinte der zweite kleine Junge. Eine neue Erfahrung! sprach der dritte kleine Junge. Das Original! Sie kannten ihre Werbung. Und die neue Sprache, die Sprüche in einem neuen Sprechen zu denken und zu sprechen. Ein echter Rivale! Der dritte kleine Junge schützte seinen VW 1302 in der hohlen Hand. Ein Auto für dieses und jenes und hier und dort! Das kleine Mädchen zeigte auf die Sandstraßen, die sich durch die Sandburgen im Sandkasten schlängelten. Sie lachte. Sie mochte Jungs mit schnellen Autos, jetzt wo sie dreizehn Jahre alt geworden war.

Wollt ihr mit uns spielen? fragte das kleine Mädchen Glatter und Poller. Glatter und Poller bekamen sofort dicke Augen; Augen wie Weihnachtskugeln am O Tannebaum. So schön konnte das Miteinander sein, und Glatter zeigte ihnen, daß kaum ein anderes Mobil so oft zum Vorbild wie der Jeep genommen und daß mit ihm vor über fünfzig Jahren der Grundstein für die Klasse der Geländewagen gelegt wurde. Die Kinder spürten sofort, daß der Suzuki voller Ideen steckte und auch ihre Welt verrückt machte, als seine Räder über die Sandstraßen der Sandkiste rollten. Der VW 1302 und andere Spielzeugautos folgten ihm in größeren Abständen. Sie hatten keine Chance. Sie holten ihn nicht ein. Sie sagten: Das bringt keinen Spaß, mit den Großen zu spielen. Die lassen uns ja doch nicht gewinnen! Und richtig! Glatter war einsam, aber schneller mit seinem Suzuki, und dann überrundete sein Suzuki den VW 1302. Der kleine Junge stand auf. Mit Neid trat er den Suzuki in den Sand. Und mit Wut Glatter auf die Hand. Das ließ sich Glatter nicht gefallen, nicht von diesem Hosenpisser! Selber Hosenpisser!, schrie der Besitzer des Volkwagens 1302 und warf Glatter einen Kiesel an den Kopf. Glatter ging dem kleinen Jungen ins Haar. Glatter griff sich eine Strähne. Glatter drückte den Kindermund in den Sand. Glatter zerrte den kleinen Jungen über die Sandstraßen. Und Poller, vor dem sich zwei Jungen und ein Mädchen aufmauerten, versuchte die anderen Kinder abzuwehren. Poller knetete seine Wangen, um den Speichelfluß im Mund zu fördern. Poller formte mit seiner Zunge den Speichel. Poller spuckte aus vollen Lippen.

Die drei Kinder zogen laut ihren gelben Rotz den Hals hoch, und die gallertartige Konsistenz ihres festen Speichels ließ sie weiter und damit mit Vorteilen auf Poller zielen. Diese ausgefeilte Rotztechnik beherrschte Poller nicht; denn sie nahm ihm zuviel von seinem wenigen Atem. Die Kinder spuckten ihn in die Ecke der Sandkiste. 10. 9. 8. 7. 6. Poller! Glatter! Das sind doch noch Kinder! brüllte Brook aus dem vierten Stock. Das sind doch selbst noch Kinder! brüllten die Kinder zurück. Stimmt, dachte Brook. Egal! ging ihm durch den Sinn. Irgendwann werden die Mütter kommen. Irgendwann würde Brook Ihr Sohn, mein Sohn hören. Und hinter verschlossenen Türen würde das Prügeln seinen Lauf nehmen. Rohrstock, Teppichklopfer und Holzbügel warteten und waren geduldig. Auf der anderen Seite seines Fensters sah Brook aus Aframs Fenster dichte Nebelschwaden steigen. Und das war es, was Brook jetzt interessierte: Afram, der einzige Zeuge.

Ein Kommissar aus Fleisch und Brook. Von der Zubereitung von verbranntem Fleisch, weinenden Ohren, einem Kommissar Brook, der jetzt alles wissen will und noch ein paar unwichtige Informationen.

(Fortsetzung folgt)

Fortsetzung, Achilla Presse