Besetzte Häuser durchsucht

■ Mehrere Hundertschaften Polizei stürmten die besetzten Häuser in der Marchstraße. Zwei Bewohner verhaftet. Barrikaden im Haus wurden niedergerissen

Aus etwa 30 Mannschaftswagen stürmten gestern morgen mehrere Hundertschaften der Polizei zum wiederholten Male die besetzen Häuser Marchstraße 23 und Einsteinufer 41 in Charlottenburg. Anlaß des Einsatzes waren nach Polizeiangaben sechs Haftbefehle, unter anderem wegen Körperverletzung und Diebstahl, gegen in den Häusern gemeldete Personen. Auch ein Ausländer, der ausgewiesen werden soll, wurde gesucht.

Ein wegen Trunkenheit im Straßenverkehr verurteilter Mann sowie ein Mitbewohner, der gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen habe, seien festgenommen worden. Darüber hinaus wurde eine als vermißt gemeldete Minderjährige aufgeriffen.

Für eine Räumung der seit über sieben Jahren besetzten Häuser gebe es derzeit keine rechtliche Grundlage, betonte Polizeisprecher Jörg Hinrichs. Positiver Nebeneffekt für die Polizei sei daher die namentliche Feststellung der Bewohner, die Grundlage für eine zivilrechtliche Räumung sei.

Für den Einstieg in die verschlossenen Häuser borgte sich die Polizei einen Leiterwagen der Feuerwehr, um die Barrikaden im Treppenhaus zu umgehen. Als Alternative wäre nur eine Sprengung in Frage gekommmen, meinte Hinrichs. Aus „sicherheitstechnischen Gründen“ riß die Polizei später die Barrikaden heraus und zerstörte dabei auch gleich das Treppengeländer. Die eigentliche Durchsuchung sei ohne körperliche Gewalt abgelaufen, betonte der Polizeisprecher. Einsatzleiter Klaus Keese bedauert die leider notwendige Größe des Polizeiaufgebots. Allein im letzten Jahr will der zuständige Kontaktbereichsbeamte 130mal vergeblich an die Türen der besetzten Häuser geklopft haben.

Während Keese die fehlende Kooperation der Besetzer beklagte, beschwerten sich die Bewohner über polizeiliche Übergriffe. Mehrere Leute seien geschlagen worden, so daß die Polizei den Notarzt gerufen habe. Wohnungstüren seien aufgebrochen worden, ohne den Bewohnern die Gelegenheit zu geben, sie selbst zu öffnen. Auch die nach der Durchsuchung von der taz in Augenschein genommene zerschlagene Stereoanlage und die eingetretene Gitarre passen nicht ins Bild der „friedlichen Polizeiaktion“.

Daß die Besetzer durchaus zur Kooperation bereit sind, erfuhr Anfang Juli ein Gerichtsvollzieher. Dieser hatte ausdrücklich auf Polizeischutz verzichtet. In Begleitung der Besetzer konnte er sich vom Auszug mehrerer zur Räumung verurteilter Bewohner überzeugen. Auch Charlottenburgs Baustadträtin Beate Profé (Grüne) berichtet von guter Zusammenarbeit mit den Besetzern. Nach einem Brand im Frühjahr habe sie zusammen mit Feuerwehr und Bewohnern Sicherheitsarbeiten besprochen, die die Bewohner dann durchführten. In der kommenden Woche will sie mit den Besetzern weitere Maßnahmen besprechen. Gereon Asmuth