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Bayerischer Sonderweg treibt SPD um

Sozialexperte Rudolf Dreßler will Bayern wegen §-218-Gesetz vor das Bundesverfassungsgericht zerren. Renate Schmidt findet das zu riskant, und Rudolf Scharping denkt an Volksbegehren  ■ Von Markus Franz

Bonn (taz) – Die Stimmen, die sich für eine Verfassungsklage gegen das bayerische Abtreibungsgesetz einsetzen, werden zahlreicher. Die SPD ist sich dabei über ihr Vorgehen uneinig. Nach FDP- Fraktionschef Hermann Otto Solms hat sich jetzt auch der SPD- Vizefraktionschef Rudolf Dreßler für eine Klage beim Bundesverfassungsgericht ausgesprochen. Er kündigte eine entsprechende Initiative seiner Partei für eine Klage wegen Verletzung des Bundesrechts an. Dazu ist die Unterstützung von einem Drittel der Bundestagsabgeordneten erforderlich. Bayern hatte vorgestern als einziges Bundesland beschlossen, daß schwangere Frauen im Beratungsgespräch Gründe für ihren Abtreibungswunsch mitteilen müssen.

Dreßler sagte, die Vorbereitungen für eine Normenkontrollklage des Bundestages seien bereits angelaufen. Gleich nach der Sommerpause des Bundestages Anfang September werde die Fraktion handeln. Damit steht Dreßler im Widerspruch zum SPD-Fraktionschef Rudolf Scharping sowie der Oppositionsführerin im bayerischen Landtag, Renate Schmidt, die in der vergangenen Woche in Bonn vor einer Verfassungsklage gewarnt hatten. Beide befinden sich zur Zeit im Urlaub.

Die Normenkontrollklage soll nicht klären, ob es verfassungswidrig ist, die Gründe für den Abtreibungswunsch nennen zu müssen. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1993 wären die Erfolgschancen eines solchen Begehrens sehr gering. Vielmehr soll überprüft werden, ob Bayern von der bundesgesetzlichen Regelung abweichen durfte. Eine dritte Position nimmt die Verhandlungsführerin der SPD zur Reform des Paragraphen 218, Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier, ein. Sie fordert die FDP dazu auf, die Initiative zur Klage zu ergreifen und die CDU zum Mitmachen zu bewegen. Renate Schmidt bezeichnete eine Verfassungsklage als zu riskant. Wenn das Verfassungsgericht die Klage abweise, könnten sich möglicherweise CDU-regierte Länder dem bayerischen Modell anschließen. Die Erfolgsaussichten einer Klage hingen von der Zusammensetzung des Gerichts ab. „Und wir würden vor der 2. Kammer landen“. Die 2. Kammer hatte in seinem Urteil vom Mai 1993 festgestellt, daß die Aufnahme einer Konfliktberatung nur dann möglich sei, wenn die Schwangere die Gründe für den beabsichtigten Abbruch mitteile. Scharping sagte, vor einer Verfassungsklage müßten zunächst alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Mögliche Alternative sei ein Volksbegehren in Bayern. Die Aussichten dafür werden allerdings als gering erachtet. Voraussetzung wäre ein eigenständiger Gesetzesentwurf, der schwer vorstellbar ist. Die frauenpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen warnt ebenfalls vor einer Normenkontrollklage des Bundestages.

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