Indonesiens Oppositionsführerin zum Verhör?

■ Staatschef Suharto erlaubt der Polizei, Megawati zu verhören. Sie soll die Regierung beleidigt haben, die eine kommunistische Verschwörung wittert

Bangkok (taz) – Indonesiens Zeitungen brachten die Nachricht gestern kurz und kommentarlos: Präsident Suharto habe der Polizei die Erlaubnis erteilt, die Politikerin Megawati Sukarnoputri und sechs weitere Abgeordnete vorzuladen. Sie sollen über ihre Rolle im Zusammenhang mit den Unruhen in Jakarta vom vergangenen Wochenende befragt werden, erklärte Generalstaatsanwalt Singgih.

In den Augen der indonesischen Polizei hat Megawati, die abgesetzte Vorsitzende der Demokratischen Partei Indonesiens (PDI), mit ihren Ansprachen vor der besetzten Parteizentrale der PDI die Regierung „beleidigt“. Am Samstag morgen war das Gebäude von einem massiven Einsatzkommando mit rund 1.000 Polizisten gewaltsam von Megawati-Anhängern geräumt worden.

Viele IndonesierInnen sehen in der 49jährigen Megawati eine demokratisch gesinnte Nachfolgerin von Präsident Suharto, der das Land seit 30 Jahren diktatorisch regiert. Ihre Popularität beruht vor allem auf dem Namen ihres Vaters, des Staatsgründers Sukarno.

Seit den Unruhen hat sich die Politikerin jedoch sehr zurückhaltend gezeigt: Sie tritt nicht an die Öffentlichkeit und ermahnt ihre Anhänger immer wieder zur Ruhe. Ihre Strategie ist nicht Massenmobilisierung, wie es sich ein Teil der Opposition wünscht, sondern der Rechtsweg. Allerdings verhinderten am Donnerstag die „Zahnschmerzen“ des Vorsitzenden Richters I Gde Ketut Suarta, daß über die Zulassung ihrer Klage gegen die gewaltsame Räumung der PDI-Parteizentrale beschieden werden konnte. Megawati selbst war nicht zur Verhandlung erschienen, sie ließ sich von ihrem Anwalt vertreten.

Die Regierung versucht jetzt offensichtlich, die Unruhen als Folge einer Verschwörung von Kommunisten darzustellen, welche die PDI und Megawati für ihre Zwecke manipuliert hätten. Zielscheibe sind vor allem unabhängige Gewerkschafter und die Mitglieder der linken Demokratischen Volkspartei PRD, einer nicht zugelassenen Gruppe, die sich vor zwei Jahren gegründet hat.

Die jetzt von der Regierung als kommunistische Frontorganisation bezeichnete PRD hat sich in den vergangenen Wochen durch die Organisierung von Arbeiterstreiks und politischen Protestkundgebunden in mehreren Städten des Landes hervorgetan. Ein Teil ihrer Mitglieder ist untergetaucht. Oppositionelle fürchten, daß viele inhaftiert sein könnten. Nach Angaben der Regierung wurden insgesamt 249 Personen nach den Unruhen festgenommen, die Behörden weigern sich, über ihr Schicksal Auskunft zu erteilen. Jutta Lietsch