Björk spielt mit

■ Computerspiele-Laden „Media-Point“ eröffnete mit Monstern, heulenden Motoren und Star-Programmierern lockten die Massen

Wer in Konkurrenz zu Sommerschlußverkauf und Chaos-Tagen einen neuen Laden eröffnen möchte, muß sich schon etwas einfallen lassen. Zur Eröffnung des Computer- und Videospiele-Shops „Media-Point“ im Lloydhof am letzten Wochenende wurden dementsprechend schwere Geschütze aufgefahren: An zahlreichen Großbildschirmen konnte Fingerfertigkeit unter Beweis gestellt, sich in einem Formel-3-Wagen als virtueller Rennfahrer versucht, mit dem angereisten Star-Programmierer Guido Henkel gefachsimpelt oder sich im Nachbau des Raumschiffes aus der Film- und Spielserie „Alien“ gegruselt werden.

Das versprochene Raumschiff bestand zwar lediglich aus einer schwarzen Tür mit nichts dahinter und einer blinkenden Baustellenlampe darüber, aber das davor stehende lebensgroße Plastikmonster mit der phallischen Kopfform und dem heftig speichelnden Gruselgebiß war tatsächlich ein wahrer Publikumsrenner. Da mußte extra Personal abgestellt werden, um Kunden mit dem Monster auf Polaroids festzuhalten. Den ganz Wagemutigen war das allerdings zu lahm. Sie konnten sich an der Playstation als Alien-Killer in subjektiver 3-D-Perspektive bewähren. Die souveränsten Finger am Abzug hatten dabei erwartungsgemäß die, die kaum groß genug waren, um die hohen Bildschirme ins Blickfeld zu bekommen. Aber bei der Wahl der Waffen wußten die Halbwüchsigen genau, womit man Bestien jeder Größe Saures geben kann: „Ich hab nur 'ne Pistole. Damit kann ich die Kleinen abschießen, aber für die Mutter brauch ich mindestens 'ne Winchester.“

Blindwütiges Schießen ist nicht im Sinne des erfolgreichsten deutschen Spieleprogrammieres Guido Henkel, der den dritten Teil seiner Trilogie „Das Schwarze Auge“ persönlich vorstellte. In den Abenteuerspielen wird man in eine mittelalterliche Fantasy-Welt versetzt, in der man mannigfaltige Rätsel knacken und Informationen einholen muß, um den bösen Mächten das Handwerk zu legen. Ganz weltfremd gehe es dort trotz Zauberern und Geistern nicht zu: „Den Elfen zum Schluß habe ich nach David Bowie entworfen. Michelle Pfeiffer und Björk spielen auch mit.“ findet Henkel, der mit seinem langen glänzenden Haar einem seiner eigenen Spiele entsprungen sein könnte. Ein älterer Fantasy-Fan kratzt sich ahnungslos am Kopf: „Das ist wohl nicht mehr meine Generation.“

Um den reibungslosen Ablauf der Geschäftseröffnung zu garantieren, hatte man eine ganze Armee aus handybewaffneten Ordnern und PressebetreuerInnen angeheuert. Eine kluge Maßnahme, denn schon einige Zeit vor Öffnung der Türen am Freitag Morgen um 10 Uhr drückte sich das freudig erregte Konsumentenvolk die Nase an den Schaufenstern platt. Viele schienen Angst zu haben, daß andere ihnen etwas wegkaufen könnten, obwohl die Gabentische reich mit Sonderangeboten gedeckt waren, und auch die Regale außer tönender und flimmernder Vorführware etliches zum Kauf feilboten. So wurden blindlings verheißungsvoll bunte Verpackungen gerafft, und oft wurde erst kurz vor der Geldübergabe aussortiert, was man vielleicht doch nicht brauchte oder eventuell sogar bereits besaß.

Geschäftsführer Matthias Bähr zeigte sich nicht überrascht von dem Andrang. Der Marketing-Experte hatte seinen ersten von inzwischen acht Läden vor vier Jahren in Berlin eröffnet. Er meint, eine Marktlücke entdeckt zu haben: „Es gibt in Deutschland nur Spezialläden, die den Otto-Normal-Käufer überfordern, oder Kaufhäuser, die keine kompetente Beratung bieten. Unsere Mitarbeiter sind kompetent, aber keine Freaks.“ Außerdem wolle man das Einkaufen zum Erlebnis machen: „Bei uns können die Joysticks ausprobiert werden, und alle sind ganz verrückt nach dem Alien. Das hat auch 120.000 Mark gekostet. “Den Jugendschutz will er im Griff haben. Indizierte Spiele würden nicht verkauft, im Zweifelsfalle müsse ein Erziehungsberechtigter mitkommen, was denen meist zu bunt ist: „Wir hatten schon böse Anrufe, wo Mütter sich beschwerten, daß wir ihren Kindern bestimmte Spiele NICHT verkauft haben!“ Genauesten ist Bähr über sein Programm allerdings nicht informiert. Angesprochen auf das ausliegende Spiel „The Ultimate Doom“, das nach Meinung des Verfassers indiziert ist, zuckt der Geschäftsführer mit den Achseln: „Kann ich mir nicht vorstellen, daß wir das haben. Und wenn, ist das bestimmt was anderes.“

Andreas Neuenkirchen