Unerklärter Frittenkrieg am Leipziger Platz

■ Seit Donnerstag trennt ein Zaun die Imbißbude vor der Infobox von ihren Kunden

„Imbiß-Killer Infobox – macht das Tor auf!“ hat Jörg Sowka am Leipziger Platz auf den Asphalt gesprüht. In großen Lettern, so daß man es von der Infobox-Aussichtsplattform aus lesen kann. Sowka betreibt zusammen mit seinem Partner Thomas Heeder zwei Imbißbuden hinter der roten „Infobox“ am Potsdamer Platz. Nun sieht er sich in einem „Kampf David gegen Goliath“ – er, der (Noch-)Pächter eines kleinen Fleckchens am ehemaligen Leipziger Platz, gegen die mächtigen Nachbarn Sony, debis und Senat, die sich zum Management der Bauvorhaben rund um den Potsdamer Platz zur Baulogistik GmbH (Baulog) zusammengeschlossen haben. Die Baulog betreibt für die Investoren auch die Infobox. Bis vergangenen Donnerstag profitierte Sowka mit seinen beiden Ständen, an denen er Getränke, Ansichtskarten und Bratwürste verkauft, von Touristen und Berlinern, die zur Infobox strömen.

Seit Donnerstag nun sitzt Sowka meist etwas einsam vor seinem Kiosk. Die Baulog hat seinen potentiellen Kunden sämtliche legalen Wege zu den Imbißbuden versperrt. Schon vor etwa einem Monat war rund um die Straße, die um die Infobox führt und in erster Linie den ankommenden Bussen dazu dient, Info-Hungrige abzuladen, ein Bauzaun gezogen worden – im Zaun ein bis Donnerstag offenes Tor. Wer wollte, konnte die etwas edlere, von der Sorat-Hotelkette betriebene Gastronomie in und unter der Infobox links liegenlassen und die Rostbrater Sowka und Heeder ansteuern. Durchs Tor, über ein verbliebenes Teilstück der alten Staße am Leipziger Platz, und schon war man da und konnte als kostenlose Dreingabe auch noch einen Rest Mauer bewundern. Nun aber hängt ein dickes Vorhängeschloß am Tor.

Selbst Sowka wußte am Donnerstag morgen nicht, wie er auf legalem Weg zu seinen Buden kommen sollte. Der einzige noch offene Zugang führt von der Stresemannstraße über eine etwa 25 Meter lange sogenannte Baustraße. Die aber gehört Sony, und dort, wo die Straße beginnt, stehen Schilder mit der Aufschrift „Baustelle betreten verboten“.

Sowka meint, daß ihn seine Nachbarn loswerden wollen. Er will gehört haben, daß ein debis- Vertreter seine Buden gegenüber der Infobox-Leiterin als „Schandfleck“ bezeichnet habe, der wegmüsse. Auch Sony habe „riesiges Interesse“, ihn „wegzudrücken“, so Sowka, denn Sony gehört das angrenzende Grundstück, und auch das Gelände, auf dem die Buden stehen, beansprucht der Konzern für sich.

Gleichzeitig erhebt jedoch auch der Verband der Konsumgenossenschaften (VdK) Ansprüche auf das Gelände. Dieser hat es auch an Sowka und Heeder verpachtet – und ihnen nun zum 1. August gekündigt. Diese Kündigung will Sowka nicht anerkennen, denn in einer Zusatzvereinbarung zum Pachtvertrag hatte er mit dem VdK vereinbart, daß ihm nur im Falle eines unmittelbar bevorstehenden Baubeginns gekündigt werden kann. Dennoch kommt die Kündigung für Sowka nicht ganz unerwartet. Schon vor einiger Zeit mußte er überrascht feststellen, daß einer der Sony-Anwälte im Aufsichtsrat des VdK sitzt.

Die Verwalterin des Grundstücks, die für den VdK den Pachtvertrag mit Sowka abgeschlossen hatte, wollte sich zu dem Vorgang gegenüber der taz nicht äußern.

Für die Baulog war die Kündigung nun Anlaß, das Tor abzuschließen. Es offenzulassen, sei angesichts der Gefährdung der Infobox-Besucher durch Baufahrzeuge ohnehin nur ein Kompromiß gewesen, für den es jetzt keine Grundlage mehr gebe, so Angelika Britz von der Baulog. Es sei in der Vergangenheit zu mehreren „Fast- Unfällen“ gekommen. Das Tor offenzuhalten sei daher „unverantwortbar“. Daß eine offizielle Ortsbegehung im Juni zu einem anderen Ergebnis gekommen war und auch heute nur wenige Baufahrzeuge die Straße benutzen, um im dahinterliegenden Gelände Schutt abzuladen, will sie nich gelten lassen: „Baustellen verändern sich ständig.“

Jörg Sowka will nun per einstweilige Verfügung erreichen, daß das Tor wieder geöffnet wird. Seitdem es geschlossen ist, macht er nur noch ein Fünftel bis ein Viertel des normalen Umsatzes. Daß er überhaupt noch etwas verkauft, hat er den Touristen zu verdanken, die trotz Verbotsschildern und Zäunen ihren Weg zur Mauer suchen und finden – und den Bauarbeitern vom Potsdamer Platz, die ihm die Treue halten. Christian Meseth