Kein Kita-Notstand

■ 95 Prozent wollen und haben einen Platz

Tine Wischer, Senatorin für Jugend und Soziales, vermeldet den ersten Etappensieg: 95 Prozent aller Bremer Pökse wollten einen Kindergartenplatz – und haben ihn zum 1. August bekommen (Bremerhaven 90 Prozent). Die nächste „Welle“ von rund 2.500 erwarteten Anmeldungen rollt allerdings spätestens im Februar auf die Stadt zu. Dann kommen zu den 14.650 Bremer Kindern zwischen drei und sechs Jahren, die jetzt schon ihr Recht auf einen Kindergartenplatz wahrnehmen, weitere 2.500. Erst im nächsten Sommer wird die angespannte Situation sich mit dem Wechsel der ersten Generation Rechtsanspruch-Kinder vom Kindergarten in die Schulen ein wenig entkrampfen. Das jedenfalls hofft Wischer, die selbst einräumt, sich „das eine oder andere mehr vorgestellt zu haben, um mit den Risiken besser umgehen zu können.“

Risiken – die hatte nicht nur die Senatorin vorhergesehen, sondern auch SozialpolitikerInnen aller Parteien. Insbesondere die jüngste Erhöhung der Kindergartengebühren auf bis zu 619 Mark Höchstsatz war als Kunstgriff zur Drosselung der Nachfrage auf den Rechtsanspruch Kindergartenplatz kritisiert worden. Dem widerspricht die Senatorin jetzt: „Die Nachfrage ist durch die Gebührenerhöhung nicht verringert worden.“ Ebensowenig sei die prognostizierte Flucht aus der (teuren) Ganztagsbetreuung eingetreten – auch wenn das ein wunder Punkt der neuen Rechtslage ist: „Die Ganztagsbetreuung im Geiste des Gesetzes läßt sich bedauerlicherweise nicht erfüllen“, so Wischer. Wie hoch die Zahl der Kinder ist, die auf Teilzeitangebote umsteigen mußten, bzw. wieviele Eltern aufgrund gestiegener Kosten selbst den „Bedarf“ für ihr Kind reduziert haben, war nicht zu erfahren. Sicher ist nur: „Teilzeitbetreuung ist der Renner.“

Allenfalls aus kirchlichen Kindergärten, die rund 24 Prozent aller Kindergartenplätze stellen (53 Prozent kommunale, 23 Prozent übrige), gibt es laute Kritik: „In Obervieland wurden Kinder unter Tränen abgemeldet, weil die Eltern gebaut haben und jetzt die gestiegenen Gebühren nicht mehr zahlen können“, sagt Ilse Wehrmann, die Leiterin des Landesverbandes für Evangelische Kindertagesstätten. Außerdem habe die Kirche das vierstündige Halbtagsangebot teilweise ohne senatorischen Zuschuß als sechsstündiges Teilzeitangebot, in einigen Fällen sogar zur Mangelware Ganztagsangebot aufgestockt. Bei aller Nächstenliebe blieben Wunder jedoch aus: Während die zusätzlichen 163 Kinder teilweise provisorisch in Gemeindehäusern betreut werden, brach in Höchstzahler-Sprengeln wie Horn und Oberneuland bereits die Debatte um das Preis-Leistungsverhältnis aus. ede