Jenseits der Bombenanschläge

■ „Die verlorene Krawane“ der Tuareg, 21.00 Uhr, ZDF

Der Rebellenführer der Tuareg schickt seine Soldaten nach Hause; er selbst wird nicht mehr in klapprigen Jeeps die Wüste unsicher machen, sondern ein Reiseunternehmen gründen, um Touristen die Schönheiten der Sahara zu zeigen. Andere Tuareg, durchaus noch mit Kamelen unterwegs, suchen verzweifelt nach den wenigen fruchtbaren Flecken in der sich ausbreitenden Wüste. Bilder des Elends, Bilder des Aufbruchs zeigt Albrecht Heise in seiner Reportage „Die verlorene Karawane“, die vom Leben des traditionsreichen Volkes der Tuareg in Niger, dem südlichen Nachbarland von Algerien, erzählt.

Heise eröffnet damit einen beachtlichen Programmschwerpunkt über Nordafrika, den sich das ZDF teilweise zu bester Sendezeit leistet. Drei der fünf Stücke sind immerhin auf dem Sendeplatz des erfolgreichen Politmagazins „Frontal“ zu sehen, das derzeit eine Sommerpause einlegt. Das sei „ein kleines Pfund“, freut sich Redaktionsleiter Joachim Holtz, dem es ansonsten schwer genug fallen dürfte, für seinen Bereich Außenpolitik adäquate Sendezeit jenseits aktueller Berichterstattung über Bombenexplosionen in Algerien und Anschläge auf Touristen in Ägypten zu ergattern.

Die grassierende Furcht vor dem islamischen Fundamentalismus und weiteren Flüchtlingsströmen dürfte dabei behilflich gewesen sein, und so erklärt auch Joachim Holtz: „Dem West-Ost-Konflikt könnte ein rabiater Konflikt West gegen Islam folgen.“ Die Reihe haben die Mainzer daher vielsagend „Sturm aus der Sahara“ genannt. Vor allem die folgenden vier Reportagen und drei Fernsehfilme bieten einen ungewohnt intensiven Blick auf die von sozialen und religiösen Spannungen erschütterten Staaten Nordafrikas. Ägypten (8. August, 22.45 Uhr), Marokko (13. August, 21.00 Uhr) und Algerien (20. August, 21.00 Uhr) wurden von verschiedenen Autoren bereist, und da Gaddafi keine Einreisegenehmigung erteilte, rückt am 22. August (22.15 Uhr) ein Beitrag über Tunesien statt Libyen ins Programm. Nachts ist u.a. noch der Fernsehfilm „Aischa“ über Marokko zu sehen.

Albrecht Heises Beitrag fällt ein wenig aus der Reihe, da er die Spannung zwischen westlichen und islamischen Einflüssen weniger thematisiert. Bei Ihm ist die Wüste das Bindeglied, und so erinnert Heise zum Auftakt an die ökologische Katastrophe, die die sozialen Spannungen nicht nur in Niger verschärft: Er bittet in der Wüste einen alten Tuareg vor die Kamera, der sich noch erinnern kann, wie grün es hier zu seinen Jugendzeiten war. „Ganz allein können die Tuareg zwischen Sand und Sonne nicht mehr überleben“, bemerkt Albrecht Heise, der seit 25 Jahren über Entwicklungsländer in Afrika und Lateinamerika berichtet. Thomas Gehringer